Zum 500jährigen Jubiläum der Reformation bietet Reiss & Sohn die erste Ausgabe der 95 Thesen Martin Luthers an. Dieser seltene Erstdruck, der bei Adam Petri in Basel kurz nach dem Thesenanschlag im Jahr 1517 erschien, ist im Handel praktisch unauffindbar. Es handelt sich wohl um eines der wenigen, noch in privater Hand befindlichen Exemplare. Einst als Dublette der Basler Universitätsbibliothek veräußert, ging es in die Sammlung von Ferdinand von Neufforge, dem großen Kenner altdeutschen Schrifttums, und anschließend über den Katalog des Berliner Antiquars Gerd Rosen in eine private Sammlung, bevor es erstmalig 1985 bei Reiss versteigert wurde. Nun kehrt das Exemplar aus privatem Besitz wieder in den Handel zurück. Der Schätzpreis liegt bei 150.000 €.

Neben den Thesen bietet das Auktionshaus eine Sammlung von weiteren seltenen Drucken der Reformationszeit an, darunter auch die erste Ausgabe der Cranach’schen Spottblätter, die unter dem Titel "Passional Christi und Antichristi" 1521 erschienen. Die vielfach nachgedruckte, von Texten Luthers und Melanchthons begleitete Holzschnittfolge stellt mit ihren derb kritischen Bildern die dem Papst vorgeworfenen Verfehlungen der ursprünglichen Botschaft Jesu gegenüber (50.000 €).

In einer Sonderauktion mit eigenem Katalog werden am 16. Mai aus dem Nachlass Otto von Bismarck 200 Dokumente, Urkunden und Fotografien angeboten, die als Geschenkgaben an ihn überreicht wurden und seine zeitgenössische Verehrung in Deutschland und der Welt dokumentieren. Der Bestand wurde kürzlich im Rahmen von Restitutionen an die Erben zurückgegeben. Er enthält u.a. prachtvoll ausgestattete Schriftstücke, künstlerisch aufwendig gestaltete Ehrengaben und rund 70 Fotoalben und Fotografien, die ihm von teils bekannten in- und ausländischen Persönlichkeiten dediziert wurden.

Einen weiteren Höhepunkt der Normalauktion bildet eine reich illuminierte flämische Handschrift aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Die Handschrift entstand in Brügge für den burgundischen Adeligen Claude de Neufchâtel, Seigneur de Fay (um 1449–1505), der 1491 zum Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies gewählt worden war. Sie beinhaltet eine Sammlung von militärtheoretischen Texten verschiedener Autoren des Spätmittelalters. Am bekanntesten darunter ist wohl der von Honoré Bouvet verfasste "Arbre des batailles", der mit seinen völker- und kriegsrechtlichen Erörterungen zu einem Vorläufer von Hugo Grotius’ "De jure belli ac pacis" gerechnet wird. Von besonderem Interesse auch die Abhandlung des Thomas of Woodstock (1355–1397) von den "Ordonnanzen zu den Zweikämpfen". Die Miniaturen eines bedeutenden Brügger Meisters zeigen höfischen Szenen und Ritterkämpfe sowie den "Baum der Schlachten". Mittelalterliche Handschriften mit weltlichem Inhalt sind von großer Seltenheit auf dem Auktionsmarkt (300.000 €).

Einen Meilenstein der Medizingeschichte bildet die "De humani corporis fabrica" von Andreas Vesalius. Die vorliegende 2. Ausgabe von 1555 enthält mehr als 200 anatomische Abbildungen des menschlichen Körpers, die gemeinsam mit den begleitenden Texten den Autor zum Schöpfer der neuzeitlichen Anatomie machten (40.000 Euro).

Insgesamt umfasst das gewohnt reichhaltige Angebot an wertvollen Büchern, Manuskripten und Landkarten mehr als 3.000 Losnummern, die in drei reich illustrierten Katalogen präsentiert werden.

Reiss & Sohn e.K.