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Ganz Wien. Eine Pop-Tour

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Wien als Musikstadt: Dieses überstrapazierte Label speist sich zumeist aus den unterschiedlichen Spielarten der klassischen Musik, von der Wiener Schule Haydns, Mozarts und Beethovens über Schubert und Strauß bis hin zur Zwölftonmusik. Das diesbezügliche Terrain inklusive einer spezifischen „Wiener“ Ästhetik ist wissenschaftlich gründlich aufbereitet.

Anders verhält es sich mit der popkulturellen Musik seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Zwar gelten Namen wie Georg Danzer, Falco oder neuerdings Wanda über die Grenzen Österreichs hinaus als ebenso singuläre wie prototypische Musikbotschafter Wiens. Doch eine systematische Erfassung und Beschreibung des Phänomens gibt es erst in Ansätzen. Einen ersten Versuch dazu lieferte die Publikation „Wien Pop. Fünf Jahrzehnte Musikgeschichte erzählt von 130 Protagonisten“, die 2013 im Falter Verlag erschien. Die Ausstellung „Ganz Wien. Eine Pop-Tour“ unternimmt nun den nächsten Schritt und erzählt eine Geschichte Wiens anhand von elf popkulturellen Brennpunkten seit den 1950er Jahren: vom „Strohkoffer“, in dem u. a. die Wiener Gruppe auftrat, über das skandalumwitterte „Voom Voom“ der 60er-Jahre, den „Folkclub Atlantis“ der 70er-Jahre und die 80er-Kultdisco „U4“ bis hin zu jüngeren Avantgardeszenetreffs wie „Flex“ oder „reiz“.

Eine „Pop-Tour“ durch Wien ist gerade jetzt besonders aktuell: International erfolgreiche Acts wie Bilderbuch haben bei Falco und der Wiener Gruppe gelernt, Sänger wie Der Nino aus Wien oder Voodoo Jürgens führen auf ihre Weise eine spezifische Wiener Tradition, die einst von H.C. Artmann begründet und dann von Wolfgang Ambros aufgegriffen wurde, fort. Von den Verbindungen Gustavs zum Protest-Kollektiv Schmetterlinge ganz zu schweigen. Die Ausstellung „Ganz Wien“ zeigt Kostbarkeiten und unbekanntes Material aus zahlreichen, vornehmlich privaten Sammlungen und Archiven: Videos, Konzertfotos, Plattencover, Flyer und Plakate, Bühnenoutfits, Musikinstrumente, Kurioses u.v.m. Insgesamt sind über 300 Objekte zu sehen. Dazu kommen über 40 AV-Stationen mit Soundbeispielen aus fast 70 Jahren Popgeschichte, u. a. von Wolfgang Ambros, Die Bambis, Bilderbuch, Blümchen Blau, Chuzpe, Al Cook, Georg Danzer, Drahdiwaberl, Falco, Jack Grunsky, Gustav, Hallucination Company, André Heller, Kruder & Dorfmeister, Hansi Lang, Marianne Mendt, Minisex, Misthaufen, Der Nino aus Wien, Novak ́s Kapelle, Pulsinger & Tunakan, Schmetterlinge, Schönheitsfehler, Soap & Skin, The Dead Nittels, The Vienna Beatles, Tom Pettings Herzattacken und Wanda. Außerdem ist in der Ausstellung eine Auswahl aus dem „Lexikon der österreichischen Popmusik“ von Ö1 zu hören. Dabei handelt es sich um eine Radiokollegreihe, die Leben und Werk einzelner Musikerinnen, Musiker und Bands dokumentiert und ihre Bedeutung für die österreichische Musiklandschaft sowie ihre Rolle bei der Entstehung gegenkultureller Milieus reflektiert (oe1.orf.at/lexikonderpopmusik). Zur Ausstellung erscheint ein rund 200 Seiten starker, reich bebilderter Katalog im Metroverlag.

„Nehmen Sie hoch das Bein, treten Sie ein!“: der Ausstellungsrundgang im Detail Den Beginn macht ein kleiner Raum mit angeschlossener Galerie in der Kärntner Straße Nr. 10, den der Art Club Wien 1951 eröffnete: der Strohkoffer. Das 48 m2 große Kellerlokal war an den Wänden mit Schilfrohr verkleidet (eine Idee des Architekten Oswald Haerdtl), was den Bildhauer Fritz Wotruba zur Namensgebung inspirierte. Nicht nur Vertreter der Bildenden Künste trafen sich dort, auch Literat_innen und Musiker_innen schätzen die dichte, kreative Atmosphäre. Es gab Lesungen, Performances und Konzerte. Die Wiener Gruppe, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker, Friedrich Gulda sowie die Jazzer Uzzi Förster, Hans Salomon und Joe Zawinul zählten zum Stammpublikum, Helmut Qualtinger fand hier Inspiration für seine Sketches und Figuren. Ab und zu schaute auch internationale Kunstprominenz vorbei, so etwa Jean Cocteau. Die dominante Musik war der Jazz, der im Wien der Nachkriegszeit von vielen noch immer als subversive „Negermusik“ und Propagandamusik der Amerikaner angesehen wurde. Der Strohkoffer war zwar nur ein temporäres Refugium bis 1953, 3/7 doch seine künstlerischen Impulse wirkten fort und beeinflussten auch die Jüngeren. Den „Tanztee der Jungen Generation Ottakring“ kennt heute wohl kaum noch jemand. Er fand im Albert-Sever-Saal in den späten 50er-Jahren statt und interessierte nur wenige. Dann kam 1961 der gelernte Schriftsetzer Hannes Patek und ersetzte die bisherigen biederen Tanzcombos durch frische heimische Beat-Bands wie die Austrian Evergreens, die Vienna Beatles und die Rangers: Der Star Club Wien war nicht nur namentlich inspiriert vom berühmten Star-Club in Hamburg. Der Entertainer Hannes Patek galt als „Wiens jüngster Imitator“ und hatte ein untrügliches Gespür für Trends sowie das nötige Selbstbewusstsein. Unzählige österreichische Beat-Bands traten unter seiner Ägide erstmals vor großem Publikum auf und sorgten so dafür, dass der verpönte Rock n Roll auf breitere Akzeptanz stieß: „Freilich wird auch hier getwistet und geslopt, daß die Sohlen rauchen, aber von Haus aus darf nur der in den Saal, der eine Krawatte trägt und bei dem auch Haarschnitt und Benehmen in Ordnung sind“, urteilte die Neue Illustrierte Wochenschau 1964.






  • 14.09.2017 - 25.03.2018
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    Dienstag bis Sonntag & Feiertag, 10 bis 18 Uhr
    Geschlossen: 1.1., 1.5. und 25.12.

     

     

    Eintritt: Erwachsene: 8 €. Ermäßigt 6 € (SeniorInnen, Wien-Karte, Ö1-Club, Menschen mit Behinderung, Studierende bis 27 Jahre, Lehrlinge, Präsenz- und Zivildiener, Gruppen ab 10 Personen) Kinder und Jugendliche unter 19 Jahre - Eintritt frei! Jeden ersten Sonntag im Monat für alle BesucherInnen - Eintritt frei!



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  • CHUZPE: LOVE WILL TEAR US APART, SINGLE, 1980 Privatsammlung Walter Gröbchen
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    Wien Museum
  • FRIEDENSREICH HUNDERTWASSER IM STROHKOFFER, 1953 Foto: Erich Lessing © Lessing / Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothe
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    Wien Museum
  • FALCO, 1985 Foto: Didi Sattmann
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    Wien Museum
  • DIE BAND GIPSY LOVE LIVE IN DER CAMERA, 1971 Privatsammlung Karl und Anna Ratzer
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    Wien Museum
  • GEORG DANZER ÜBERGIBT FRAU JOSEFINE HAWELKA DIE SINGLE JÖ SCHAU, 1975 Foto: Wolfgang Sos
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    Wien Museum