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Édouard Baldus. Transit und Monument

  • Ausstellung
    05.04.2019 - 21.07.2019
    WestLicht »

Anlässlich des 180. Geburtstags der Fotografie unternimmt WestLicht eine Reise in die Frühzeit des Mediums: Mit dem deutsch-französischen Pionier Édouard Baldus (1813–1889), der als einer der ersten professionellen Architekturfotografen gilt, wird eine Schlüsselfigur der Fotografie im 19. Jahrhundert gewürdigt. Die Ausstellung eröffnet den Blick in sein fulminantes Werk Chemins de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée aus dem Jahr 1863, das zu den bedeutendsten Fotobüchern der Geschichte zählt. Weltweit existieren lediglich acht Exemplare des Albums. Die knapp 70 großformatigen Albuminabzüge folgen der Bahnstrecke von Paris über Lyon bis ans Mittelmeer und stellen die moderne Verkehrsarchitektur aus Trassen, Brücken und Bahnhöfen den antiken Monumenten des römischen Imperiums gegenüber – eine politisch motivierte Analogie, die das Empire Napoléons III. in die Tradition des römischen Weltreichs setzt. Ohne die Eisenbahn als Transportmittel oder das Reisen direkt zu thematisieren, repräsentiert das Projekt ein Leitmotiv im Schaffen des Fotografen: das Spannungsfeld von Landschaft und Konstruktion. Baldus‘ klarer Stil wurde mitunter als Geburt der modernen Wahrnehmung bezeichnet und in der Struktur seiner Alben eine künstlerische Position erkannt, die Serienkonzepte eines August Sander oder von Bernd und Hilla Becher um ein halbes beziehungsweise ganzes Jahrhundert vorwegnahm.
Kuratiert von Anna Auer

ÉDOUARD BALDUS. VOM GELDFÄLSCHER ZUM CHEVALIER D‘HONNEUR
Édouard Baldus als Fotografen zu bezeichnen, greift im Grunde zu kurz. Er ist Maler, Geschäftsmann, Erfinder und Verleger, mitunter alles zugleich. In dieser Überlagerung ist er eine durchaus typische Figur für ein noch junges fotografisches Zeitalter, in dem Rollen, Techniken und Verfahren noch zu definieren sind und das Feld den Pionieren gehört. Gleichzeitig ist seine Biografie das besonders schillernde Beispiel einer fotografischen Aufsteigerstory, in der es der Protagonist vom polizeilich gesuchten Geldfälscher zum erfolgreichen Unternehmer und Ritter der französischen Ehrenlegion bringt.

Édouard Baldus wird 1813 als Eduard Baldus im preußischen Grünebach, heute Rheinland-Pfalz, geboren. In den 1830er-Jahren wird er der Geldfälscherei beschuldigt, ein Delikt, auf das in der Rheinprovinz die Todesstrafe steht. Da er sich der Untersuchung durch Flucht entzieht, wird er ab 1835 steckbrieflich gesucht. Baldus setzt sich nach Frankreich ab. Um 1838 findet man ihn erstmals in Paris, sein Name bereits in französischer Schreibweise, wo er Malerei studiert. 1840 stellt er drei seiner Bilder im Pariser Salon aus, jedoch ohne erwähnenswerte Resonanz, und wird in den Folgejahren abgelehnt.

Im Revolutionsjahr 1848 eignet sich Baldus die neue Technik der Fotografie an und unternimmt ausgestattet mit einer schweren Plattenkamera seine erste Reise nach Südfrankreich. Die Bilder, die er von dort zurückbringt, machen ihn rasch als Fotografen bekannt und sind der Grundstein für seine anschließende Karriere. Noch in ihrem Gründungsjahr 1851 wird Baldus Mitglied der Société Héliographique, der weltweit ersten fotografischen Gesellschaft. Neben Hippolyte Bayard, Gustave Le Gray, Henri Le Secq und Auguste Mestral wird er im selben Jahr zu einem der fünf staatlich beauftragten Fotografen der prestigeträchtigen Mission Héliographique ernannt, die das architektonische französische Kulturerbe fotografisch bewahren soll.

Hochkarätige Aufträge folgen: 1856 fotografiert Baldus in staatlicher Mission die Auswirkungen der verheerenden Überschwemmungen entlang der Rhône. Der Bankier Baron James de Rothschild betraut ihn schon 1855 mit der fotografischen Dokumentation seiner Eisenbahnlinie von Paris nach Boulogne, Anlass ist der Staatsbesuch der britischen Königin. Das daraus entstehende Album Chemins de fer du Nord wird Queen Victoria als Geschenk überreicht. Sechs Jahre später gibt die kurz zuvor fusionierte Eisenbahngesellschaft Chemins de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée, kurz PLM, das gleichnamige, jetzt im WestLicht ausgestellte Album in Auftrag, in dem Baldus‘ charakteristische Bildsprache ihren Höhepunkt erreicht. Neben neu angefertigten Aufnahmen finden sich darin auch Motive aus seinem mittlerweile umfangreichen Archiv.

Mit der drucktechnische Experimentierfreude, die er schon bei der Herstellung seiner Blüten bewiesen hat, entwickelt Baldus 1855 ein eigenes Verfahren der Fotogravur, das er Héliogravure nennt, und auf das er seine spätere, erfolgreiche Publikations- und Verlegertätigkeit aufbaut. Bald beschäftigt er über ein Dutzend Mitarbeiter, die seine Arbeiten in halb Europa vertreiben. 1860 ernennt man ihn ob seiner Verdienste um die Fotografie zum Chevalier d’Honneur, zum Ritter der Ehrenlegion. Baldus stirbt 1889 im Alter von 76 Jahren in Arcueil-Cachan südlich von Paris.






  • 05.04.2019 - 21.07.2019
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