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Wienmuseum

ANGELO SOLIMAN EIN AFRIKANER IN WIEN

Wienmuseum

Das zentrale vierte Kapitel der Ausstellung widmet sich dem Leben Solimans in Wien. Mindestens 40 Afrikaner gab es in der Stadt im 18. Jahrhundert, allerdings ist nur Angelo Solimans Leben gut dokumentiert. Dunkelhäutige Menschen waren also im Stadtbild zwar auffällig, aber keineswegs unbekannt – man findet sie auf Stadtansichten, etwa auf denjenigen von Carl Schütz und Salomon Kleiner, auch Relikte wie das Hauszeichen „Zum Schwarzen Mohren“ (aus der Sammlung des Wien Museums) geben Hinweise darauf. Aus Archivalien des Fürsten Liechtenstein kann man auf das Leben Solimans als Kammerdiener des Fürsten schließen: Wie kostbar er eingekleidet wurde, auf welchen Reisen und politischen Missionen er den Fürsten begleitete etc. „Für die Wiener High Society fungierte Soliman aufgrund seiner Hautfarbe, aber wohl auch infolge seiner Gewandtheit, seiner Sprachkenntnisse und seines Talents im Kartenspiel als auffälliger exotischer Referenzpunkt“, so der Historiker Walter Sauer in seinem Beitrag zum Ausstellungskatalog.

Als Soliman beim Glücksspiel einen hohen Geldbetrag gewann, versuchte er, aus seiner bisherigen Rolle des Dieners auszubrechen, heiratete heimlich die Witwe Magdalena Kellermann, wurde aus dem Dienst entlassen und zog in die Vorstadt „Unter den Weißgärbern“, ein eher derbes Viertel, wo er im Laufe der folgenden Jahre verarmte. Die Rückkehr an den Liechtenstein´schen Hof rettet ihn finanziell, Soliman wurde Erzieher des Erbprinzen Alois Joseph. Als Mitglied der Freimaurerloge „Zur Wahren Eintracht“ verkehrte er mit den Größen seiner Zeit wie Mozart, Joseph von Sonnenfels oder Ignaz von Born. Über sein Privatleben ist wenig bekannt, ebenso über seine Beziehung zur Freimaurerei oder seine politischen Ansichten. Im Alter soll er zurückgezogen gelebt haben, seine letzte Wohnung befand sich auf der Freyung, d. h. in einem bürgerlichen Wohnviertel.

Legendenbildung nach dem Tod

Kapitel 5 der Ausstellung widmet sich der Schaustellung Solimans. Soliman starb 1796, ein Jahr später eröffnete das kaiserliche „Physikalische und astronomisches Kunst- und Natur-Tier-Cabinet“, wo der ausgestopfte Körper Solimans aufgestellt wurde. Es ist unklar, wie viel die Öffentlichkeit darüber wusste und wer genau diese Maßnahme veranlasst hatte. Belegt ist jedenfalls der heftige Protest von Solimans Tochter Josepha. 1806 wurde das Präparat – gemeinsam mit anderen präparierten Leichen – ins Depot geräumt, wo es im Revolutionsjahr 1848 beim Hofburgbrand zerstört wurde.

Sehr bald nach seinem Tod bildeten sich zahlreiche Legenden vom „Hofmohren“, die im Kapitel zur Rezeptionsgeschichte betrachtet werden. So schrieb etwa die Schriftstellerin Caroline Pichler bereits 1807 einen ersten biografischen Essay, der im Sinne der Aufklärung die „Zivilisationsfähigkeit“ von Afrikanern unter Beweis stellen sollte und Soliman als gebildeten, gottesfürchtigen „Neger“ pries. Die politisch heiklen Aspekte wie Solimans Mitgliedschaft bei den Freimaurern oder die Tatsache, dass er nach seinem Tod ausgestopft wurde, verschweigt Pichler. Soliman wurde zum exotischen Beispiel für die Toleranz der Gesellschaft im Falle einer geglückten „Integration“ stilisiert – eine äußerst einseitige Interpretation, die lange anhielt.

Nicht weniger brisant sind die Stereotypen und Afrika-Klischees, die sich bis ins 20. Jahrhundert hielten und zum Teil auch veränderten, wie in Kapitel 7 gezeigt wird. Das Spektrum reicht von Schaustellungen von Afrikanern im Prater um 1900 bis hin zu Images in der Werbung des 20. Jahrhunderts und dem Bild von afrikanischen Asylwerbern in heutigen Medien.

Der letzte Abschnitt der Ausstellung nimmt direkten Bezug auf die Gegenwart. Etwa 22.000 Afrikaner leben gegenwärtig in Wien, viele davon sind täglich mit Rassismus konfrontiert. Mit einigen von ihnen hat Gastkurator Blom Interviews über ihren Alltag gemacht: „Die negativen Klischees sind erstaunlich stabil geblieben, aber die positive Wahrnehmung von Afrikanern ist durch das intellektuelle Erbe von Kolonialismus und Rassismus fast völlig zerstört.“

Hochkarätiges Rahmenprogramm

Bezug zur Gegenwart nimmt auch das ambitionierte Rahmenprogramm. So gibt es eine Diskussion zur „Operation Spring“, moderiert vom Falter-Journalisten Florian Klenk, eine Präsentation zum Bild von AfrikanerInnen in den Medien (gestaltet von Simon Inou und Clara Akinyosoye, in Kooperation mit afrikanet.info), die bekannte deutsche Autorin und Musikerin Noah Sow (Bestseller: „Deutschland Schwarz Weiß“) hält einen Vortrag über den alltäglichen Rassismus, Wolfgang Kos spricht an einem Abend mit Mamadou Diabaté, Beatrice Achaleke und Chibo Onyeji über „Wege nach Wien“. Zu erwähnen ist weiters eine Lesung von Cornelius Obonya mit ausgewählten Texten über Soliman aus 200 Jahren (von Caroline Pichler bis Ilija Trojanow), Stadtexpeditionen und ein Kinderprogramm mit Babátólá Alóba runden das Angebot ab. Näheres dazu unter www.wienmuseum.at.

Eintritt: Erwachsene: 6 €. Ermäßigt 4 € (SeniorInnen, Wien Karte, Ö1-Club, Menschen mit Behinderung, Gruppen ab 10 Personen) bzw. 3 € (Lehrlinge, Studierende bis 27Jahre, Präsenz- und Zivildiener); Schüler und Jugendliche unter 19 Jahren - Eintritt frei! Jeden ersten Sonntag im Monat für alle BesucherInnen - Eintritt frei!





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  • Angelo Soliman, um 1750 Johann Gottfried Haid (nach Johann Nepomuk Steiner) © Wien Museum
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  • Werbeschild für "Abadie", um 1920 © Wien Museum
    Werbeschild für "Abadie", um 1920 © Wien Museum
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  • Schaustellung - Ausrufer vor Praterbude, um 1929 Otto Rudolf Schatz © Hans Schmid Privatstiftung
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  • Louise de Kérouaille, Duchess of Portsmouth (mit Diener), 1682 Pierre Mignard © National Portrait Gallery, London
    Louise de Kérouaille, Duchess of Portsmouth (mit Diener), 1682 Pierre Mignard © National Portrait Gallery, London
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  • Das Gartenpalais Liechtenstein in Wien, rechts der Fürst mit seinem "Hofmohren", 1759/60 Bernardo Bellotto (genannt Canaletto) © Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Vaduz–Wien
    Das Gartenpalais Liechtenstein in Wien, rechts der Fürst mit seinem "Hofmohren", 1759/60 Bernardo Bellotto (genannt Canaletto) © Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Vaduz–Wien
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