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Joseph Anton Koch

Der erste Nazarener?

Joseph Anton Koch

Der Dante-Fachmann
Große Faszination übt Dantes „Göttliche Komödie“ auf Koch aus. Ab 1801 setzt sich der Maler damit künstlerisch auseinander. Mehr als 200 Zeichnungen, fast ausschließlich Szenen aus der dramatischen Höllenfahrt, entstehen bis zu seinem ersehnten Dante-Großprojekt für das Casino Massimo. Von 1826 bis 1828 arbeitet der Maler an Szenen aus der Hölle der „Göttlichen Komödie“ für die Seitenwände der Villa. Im Gegensatz zum Romantiker und Nazarener Peter Cornelius, der für die Fresken Dantes Paradies mit religiösem Schwerpunkt fertigt, ist Kochs Bild von lebhafter Theatralik und fantastischen Momenten bestimmt. Die Ausstellung im Ferdinandeum zeigt Ideenskizzen und Entwürfe zum Wandbild im Casino Massimo sowie Zeichnungen und Radierungen zur „Göttlichen Komödie“.

Koch und das Ferdinandeum
Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum besitzt heute eine der größten Sammlungen von Zeichnungen Kochs. Sie reichen vom frühesten erhaltenen Werk bis zu den letzten Landschaftskompositionen, die Koch auf Bestellung kopierte. In der Ausstellung werden die Bestände zum ersten Mal im gesamten Umfang gezeigt. Das Verhältnis zwischen Künstler und Museum ist anfänglich von Schwierigkeiten geprägt. Schon bald nach der Gründung als „Tirolisches Nationalmuseum“ 1823 trägt sich das Ferdinandeum mit dem Gedanken, ein Gemälde des berühmten Koch zu erwerben.

Zunächst soll Kochs „Tiroler Landsturm im Jahre 1809“ angekauft werden. Es zeigt Andreas Hofer mit Josef Speckbacher und Pater Joachim Haspinger, umringt vom sich gegen die Obrigkeit auflehnenden Volk in Tracht – eine Idealisierung des vermeintlich frommen, unverdorbenen „heiligen Landes“ Tirol. Zum Ankauf kommt es jedoch aus Angst vor politischen Folgen nicht, hat Koch in der zweiten Fassung des Bildes eine Kritik an den Kaiser versteckt. Als Detail malt er das Wolkersdorfer Handbillet vom Mai 1809, in dem der Kaiser zusagt, Tirol nie von Österreich abtrennen zu wollen – ein Versprechen, das der Herrscher nicht halten kann. Koch geht es jedoch nicht darum, den Kaiser wegen 1809, sondern wegen 1815 zu tadeln: Denn die neue Tiroler Landesverfassung schränkt nach dem Wiener Kongress die Privilegien des Landes zugunsten des Zentralstaates deutlich ein.

1828 kommt es schließlich zur ersten Erwerbung des Gemäldes „Ruth und Boas“, das jedoch nicht gefällt und mit „zu kleinteilig“ und „perspektivisch nicht überzeugend“ kritisiert wird. Nach einem Personalwechsel 1836 im Museum, mit dem neuen Kustos Alois Flir, findet Koch Anerkennung: „Macbeth und die Hexen“, „Landschaft mit Apoll unter den Hirten“ sowie der „Landsturm“ werden in die Sammlung aufgenommen. Die politischen Anspielungen verblassen durch den zeitlichen Abstand. In der Folge gelangen immer mehr Arbeiten aus der Hand Kochs ins Ferdinandeum. Schließlich findet Koch als Büste einen Ehrenplatz auf der Fassade des Museums.

Mythos Tirol
Anhand ausgewählter Bilder, Briefen des Künstlers, handschriftlicher Zeugnisse sowie Entwürfen zum Andreas-Hofer- Denkmal erörtert die Ausstellung die politische Dimension des aufkommenden Nationalismus im 19. Jahrhundert. Die Autografen, die sich im Ferdinandeum befinden, werden anlässlich dieser Schau zum Teil erstmals, auch in Abschrift, in der Begleitpublikation veröffentlicht. Im Vordergrund steht ein kritischer Blick auf die Entwicklung des Mythos „Tirol“. Interessant ist zu sehen, wie Koch die Idealisierung Tirols unterstützt und er hier im Einklang mit Zeitgenossen wie Joseph Görres, Joseph von Giovanelli und Joseph von Hormayr agiert.

Von den Vordenkern wird Tirol vor allem durch die katholische Religion definiert. Für die Darstellung dieses Aspekts eignet sich besonders die vormoderne Sicht auf das Land, in Anlehnung an das Mittelalter. Koch wird nicht nur aufgrund seiner Herkunft, sondern auch aufgrund seiner Motive und Haltung als „vaterländischer Maler“ gesehen. Zahlreiche Zeugnisse Kochs verdeutlichen, wie sehr er „politische Freiheit“ mit „Tiroler Gesinnung“ gleichsetzt. Interessant ist, dass Koch zeitlebens seine Tiroler Herkunft betont, was u. a. in seiner Signatur „Koch Tyrolese“ bzw. „Giuseppe di Tir[o]l“ zum Ausdruck kommt.

Herausragendstes Beispiel für die Idealisierung Tirols durch Koch ist der „Tiroler Landsturm“. Es handelt sich dabei um ein Auftragswerk im Namen des preußischen Ministers Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein, der bei den Koalitionskriegen Militärdienst unter der preußisch-österreichischen Allianz leistete. Tirol soll als Gegenbild Frankreichs verherrlicht werden. Im Bild ist ein Hirte aus dem Ötztal zu sehen, der seinen Fuß auf einen toten Franzosen stellt, der heilige Reliquien schändet. Durch Elemente wie zum Beispiel dem erhobenen Kruzifix, dem Erzengel Michael auf dem Brunnen, den Freiheitskämpfern, der Fahne mit der Aufschrift „Das Land Tirol“ und dem unberührten Bergpanorama zeigt Koch die Verbindung zwischen Gott, Mensch und Natur auf. Als Gesamtbild manifestiert sich das „heilige Land“. Auch die Tracht setzt der Künstler als Tirol-Stereotyp ein. Da Koch mit etwa vierzehn Jahren seine Heimat für immer verließ, greift er für die Gestaltung der Trachten auf Vorlagen Joseph Amsters zurück, die ebenso in der Ausstellung zu sehen sind.






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  • 26.09.2014 - 22.02.2015
    Ausstellung »
    Tiroler Landesmuseen »

    Di – So 9 – 17 Uhr, geschlossen am 5. Oktober, 25. Dezember und 1. Jänner

    EINTRITTSPREISE
    Kombiticket für alle Häuser der Tiroler Landesmuseen: € 10 / erm. € 7 Führungsbeitrag: € 2
    Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren, Schulklassen, Museumsvereinsmitglieder und mit Innsbruck Card Ermäßigter Eintritt für StudentInnen, SeniorInnen, Gruppen ab 10 Personen, JUFF-Familienpass InhaberInnen, Ö1- Clubmitglieder, ÖBB Vorteilscard …

    BEGLEITPUBLIKATION
    Zur Ausstellung erscheint der Katalog „Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener?“ mit einem Vorwort von Wolfgang Meighörner sowie Beiträgen von Helena Pereña, Peter Prange, Cornelia Reiter, Roland Sila und Agnes Thum. Die Publikation beinhaltet zahlreiche Fotos und einen Katalog mit den ausgestellten Objekten. 232 Seiten, ISBN 978-3-7099- 7161-1, Preis € 24,90.



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  • Joseph Anton Koch: Serpentara-Landschaft mit Zug der Hl. Drei Könige, 1820, Öl auf Eichenholz  Düsseldorf, Stiftung Museum Kunstpalast  Foto: Stiftung Museum Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK
    Joseph Anton Koch: Serpentara-Landschaft mit Zug der Hl. Drei Könige, 1820, Öl auf Eichenholz Düsseldorf, Stiftung Museum Kunstpalast Foto: Stiftung Museum Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK
    Tiroler Landesmuseen
  • Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener?  Berner Oberland (Das Haslital bei Meiringen), 1817, Öl auf Leinwand  © TLM
    Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener? Berner Oberland (Das Haslital bei Meiringen), 1817, Öl auf Leinwand © TLM
    Tiroler Landesmuseen
  • Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener?  Landschaft mit dem Hl. Georg, 1807, Öl auf Leinwand Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek, München  © Bayer&Mitko/ARTOTHEK
    Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener? Landschaft mit dem Hl. Georg, 1807, Öl auf Leinwand Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek, München © Bayer&Mitko/ARTOTHEK
    Tiroler Landesmuseen
  • Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener?  Traum Josephs und Flucht nach Ägypten, um 1822/23, Bleistift  © TLM
    Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener? Traum Josephs und Flucht nach Ägypten, um 1822/23, Bleistift © TLM
    Tiroler Landesmuseen
  • Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener?  Landschaft mit Ruine, um 1792 bis 1794; Aquarell, Feder in Grau, 308 x 453 mm  © TLM
    Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener? Landschaft mit Ruine, um 1792 bis 1794; Aquarell, Feder in Grau, 308 x 453 mm © TLM
    Tiroler Landesmuseen
  • Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener?  Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, 1820-1825, Öl auf Nussbaumholz Staatsgalerie Stuttgart, Leihgabe Baden-Württembergische Bank  © Staatsgalerie Stuttgart
    Joseph Anton Koch. Der erste Nazarener? Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, 1820-1825, Öl auf Nussbaumholz Staatsgalerie Stuttgart, Leihgabe Baden-Württembergische Bank © Staatsgalerie Stuttgart
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