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Wienmuseum

NEUSIEDLERSEE. DAS MEER DER WIENER

Wienmuseum

50 Kilometer von Wien entfernt liegt der westlichste Steppensee Europas, mit dichtem Schilfgürtel und einzigartiger Tierwelt. Eine Gegend, die einst als „fatale, sumpfige Niederung“ bezeichnet wurde, gilt heute als „Naturparadies“. Sie ist jedoch Ergebnis eines radikalen Landschaftswandels. Die extremen Wasserschwankungen führten 1865 zur völligen Austrocknung des Sees. Sogar eine dauerhafte Trockenlegung wurde erwogen, erst seit rund 50 Jahren ist sein Wasserstand künstlich reguliert. Die Ausstellung im Wien Museum setzt sich – aus dem Blickwinkel Wiens – mit der Geschichte des Sees seit dem 18. Jahrhundert auseinander.

Der Slogan „Meer der Wiener“ entstand in den 1920er Jahren, er war eine Erfindung der burgenländischen Tourismuswerbung. Bis dahin war der riesige See, der in der ungarischen Reichshälfte der Monarchie lag, in der kollektiven Wahrnehmung der Städter kaum präsent – auch als Motiv in der Kunst spielte er nur vereinzelt eine Rolle. Erst nachdem 1921 –vor genau 90 Jahren – das Burgenland zum neunten Bundesland wurde, zog das nun großteils österreichische Grenzgewässer mehr Ausflügler, Badelustige und Segler aus Wien an. Auch die Exotik der für die Alpenrepublik untypischen Landschaft faszinierte: Die pannonische Heide im Seewinkel wurde mit den Steppen Asiens und der Savanne Afrikas verglichen. Doch ihre dauerhafte Ikone fand diese Landschaft erst nach 1945 im Ansichtskartenmotiv „Schilfhütte mit Ziehbrunnen“.

Im Kalten Krieg spielte der See eine historisch wichtige Rolle: 1956 gelangten zehntausende Ungarnflüchtlinge über die „Brücke von Andau“ in den Westen. In den 1950er Jahren wurde der See auch zum idealen Ausflugsziel – dank der damals einsetzenden Motorisierung. Bald fanden auch Wiener Künstler und Intellektuelle, die vom Licht und von der Archaik einer Gegend mit alten Winzergassen fasziniert waren, rund um den Neusiedlersee ihre „alternative“ Landschaft. Zu ihnen zählten Roland Rainer, Karl Prantl, Wander Bertoni, Otto Muehl oder Gottfried Kumpf: Die pannonische Weite wurde zum Land Utopia. In jüngster Zeit präsentiert sich die Region als „Genusslandschaft“, aus Doppler-Weinbauern wurden Edelwinzer – nicht zuletzt als Folge des Weinskandals in den 1980er Jahren.

Rundgang durch die Ausstellung

Die Ausstellung beginnt mit den ersten langsamen künstlerischen und landeskundlichen Erkundungsgängen im 18. und 19. Jahrhundert, die in ihren Beschreibungen des Sees zwischen Erstaunen („Naturwunder“) und heftiger Ablehnung („öde, ungesunde Gegend“, „fataler Sumpf“) changieren. Diese extremen Reaktionen haben unmittelbar mit den erheblichen Wasserstandsschwankungen zu tun, es gab Überschwemmungen ebenso wie Trockenheit. Die verschiedensten Maßnahmen zur Regulierung dauerten schließlich bis in die 1960er Jahre an. Die Niedermoorlandschaft südöstlich des Sees, der sogenannte Waasen, wurde gänzlich trockengelegt, fast verschwunden ist auch die Heidelandschaft des Seewinkels. Im Gegenzug wuchs der Schilfbestand zum zweitgrößten Europas nach dem Donaudelta. Was heute als reine Naturlandschaft erscheint, ist also in Wirklichkeit ein gezähmter Steppensee als Ergebnis menschlicher Eingriffe.

Nachdem durch den Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn 1867 der See aus dem Blickfeld Wiens gerückt war, begann in den 1920er Jahren eine „Neo-Kolonisierung“ aus dieser Richtung. Die pannonische Landschaft wurde als Kontrast und zugleich Ergänzung zum alpin geprägten Österreich gesehen, der Dichter Franz Werfel sprach in diesem Zusammenhang von „Österreichs seltsamem Gast“. Um den See noch näher an Wien zu „rücken“, gab es sogar Pläne einer Schnellschwebebahn mit Propellerantrieb, die die Strecke Wien-Rust in nur 30 Minuten hätte bewältigen sollen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer neuerlichen Wahrnehmungsverschiebung: Plötzlich war der See ein Grenzgewässer zwischen zwei feindlichen Blöcken, der Exitus ungarischer Flüchtlinge 1956 verstärkte dieses Bild. Doch nur ein Jahr später wurden in Mörbisch – auf Initiative des Wahlwieners und Kammersängers Herbert Alsen – die Seefestspiele eröffnet. Sie entwickelten sich im Laufe der Zeit zur Heimstätte der Wiener Operette und zum Hauptbezugspunkt für viele WienerInnen zu dieser Landschaft.

Naturschutz und Massentourismus
Eine zunehmend wichtige Rolle in der Popularisierung des Neusiedlersees spielten Naturforscher, insbesondere Biologen. Sie entdeckten bereits in der Zwischenkriegszeit die Artenvielfalt des Neusiedlersees und der Lacken im Seewinkel. Die Nähe zur Universitätsstadt Wien ließ hier ein beliebtes „Freilandlabor“ entstehen, erste Naturschutzmaßnahmen wurden gesetzt, 1954 wurde die erste Biologische Station am Schilfgürtel bei Neusiedl errichtet. Bedingt auch durch neue Medien wie das Fernsehen errangen Forscher nach 1945 eine weitergehende „Definitionsmacht“ über diese Landschaft.






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  • Plakat „Das Meer der Wiener“, 1927 Eduard Adrian Dussek © Wienbibliothek im Rathaus, Plakatsammlung
    Plakat „Das Meer der Wiener“, 1927 Eduard Adrian Dussek © Wienbibliothek im Rathaus, Plakatsammlung
    Wien Museum
  • Postkarte, um 1937 © Privatsammlung
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    Wien Museum
  • Plakat „Meet your friends! Noever-Land Breitenbrunn-Burgenland”, 1971 MAK, Foto © Marina Faust
    Plakat „Meet your friends! Noever-Land Breitenbrunn-Burgenland”, 1971 MAK, Foto © Marina Faust
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