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MKG bereitet Restitution eines afghanischen Marmorpaneels vor

Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) bereitet die Rückgabe eines afghanischen Wandpaneels aus Marmor vor, das das MKG 2013 gutgläubig auf einer Auktion in Paris ersteigerte. Es gehörte zu einem 78-teiligen Fries aus dem 12. Jahrhundert, das aus dem Innenhof des Königspalastes von Sultan Mas’ud III. in der Stadt Ghazni in Afghanistan stammt. Zum Zeitpunkt des Erwerbs waren zu wenig gesicherte Informationen über die Provenienz des Paneels verfügbar, die eine Begeisterung über die ästhetische Qualität dieses Kunstwerkes hätten relativieren können.

Auch wenn es bis heute noch keine belastbaren Hinweise gibt, wann und wie das Paneel in den internationalen Handel gekommen ist, ist der Tatbestand der Raubkunst unstrittig. Deshalb bemüht sich das MKG seit 2014 unter Einschaltung des Kulturgutschutzes Deutschland und des Auswärtigen Amtes um die Restitution dieses Paneels. Im Sommer 2018 kam es zu einem ersten Gespräch zwischen dem MKG, Vertretern der afghanischen Botschaft in Berlin und deutscher Behörden. Die begonnenen Rückgabeverhandlungen begleitet das MKG mit einer Intervention in der Ausstellung Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des MKG, die die aktuelle Situation des Marmorpaneels darstellt: Bereits halb verpackt in einer Transportkiste steht das Objekt zwischen den beiden großen Vitrinen der Ausstellung zur Rückgabe bereit. In einem weiteren Band seiner „Raubkunst?“-Reihe fasst das MKG die bisher recherchierte Verlust- und Erwerbungsgeschichte zusammen und würdigt das Paneel umfassend in seiner Bedeutung.

Prof. Dr. Sabine Schulze, Direktorin des MKG: „In unserer Dauerausstellung Raubkunst?, mit den Benin-Bronzen und den Silberbeständen aus ehemals jüdischem Besitz haben wir Erwerbungen oder Zugänge aus der Vergangenheit aufgearbeitet. Mit dem Marmorpaneel aus dem Palast von Mas’ud III. aus Ghazni in Afghanistan müssen wir nun eine eigene Entscheidung kritisch rekapitulieren. Raubkunst, soviel ist sicher, ist kein historisches Phänomen. Raubkunst wird auf dem Markt angeboten, in jeder neuen Saison. Um solche Fallen zu umgehen, müssen wir umdenken. Die lückenlose, enzyklopädisch angelegte Vorbildersammlung ist obsolet geworden. Im digitalen Zeitalter sollten wir verstärkt die im Internet verfügbaren Daten einbeziehen und zeitgenössisch kaufen in engem Kontakt mit Künstlern und Produzenten. Schließlich sind es die jeweils aktiven Künstler und Gestalter, für die Museen besonders der angewandten Künste ursprünglich gegründet wurden. Provenienzforschung darf nicht mit dem Datum 1945 aufhören. Gerade für unsere Sammlungen islamischer und ostasiatischer Kunst steht eine kritische Befragung der Ankäufe noch aus. Dass wir nichts in unserem Haus zeigen wollen, das uns nicht gehört, darüber sind wir uns einig.“

Als das MKG das Paneel am 28. November 2013 beim französischen Auktionshaus Boisgirard-Antonini erwarb, schien die Provenienz anhand der vorliegenden Informationen unbedenklich. Generell lassen Auktionen nur einen begrenzten Spielraum für die eigene Recherche. Die Zeitspanne zwischen dem Erscheinen des Katalogs und dem Versteigerungstermin ist, wie auch in diesem Fall, oft knapp bemessen. So war bei dem Paneel nicht mehr möglich, die Provenienz über eigene Recherchen bis zum Versteigerungstermin abzusichern. Ausfuhrlizenzen und die Prüfung im Art Loss Register gewährleisten keine ausreichende Sicherheit. Heute sind zahlreiche Forschungsergebnisse im Internet abrufbar, 2013 bestand diese Recherchemöglichkeit noch nicht. Schon kurz nach der Erwerbung des Paneels gab Stefan Heidemann, Professor für Islamwissenschaft an der Universität Hamburg, den entscheidenden Hinweis zum erworbenen Objekt: In der Dissertation der Islamwissenschaftlerin Martina Rugiadi von 2007 (online verfügbar seit 2015) ist das Paneel mit seiner Provenienz bis 1978 erfasst. Im Fortgang der weiteren Objekterforschung und mit Unterstützung des Asien-Afrika Instituts, Abteilung für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, an der Universität Hamburg konnte das Paneel einer Ausgrabung zugeordnet werden, die Archäologen aus Afghanistan und Italien von 1957 bis 1966 gemeinsam durchgeführt haben. Die Grabungsfunde standen unter der Obhut der afghanischen Antikenbehörde. Sie wurden damals aus konservatorischen und sicherheitsrelevanten Gründen vom Ausgrabungsort entfernt und dem Rawza Museum of Islamic Art in Ghazni übergeben, das dem National Museum of Afghanistan in Kabul untersteht. Zwischen den afghanischen Behörden und ihren italienischen Partnern wurde vereinbart, dass einige Funde nach Italien gehen sollten. Sie wurden legal ausgeführt und befinden sich heute im Museo Nazionale d’Arte Orientale in Rom. Anhand der heute online zugänglichen Ausgrabungsdokumentation ist belastbar bewiesen, dass das Hamburger Paneel damals die Inventarnummer C3733 erhielt und sich in der Sammlung des Rawza Museum of Islamic Art in Ghazni befand. Historische Fotos der Ausgrabung belegen diese Provenienz.

Der Einmarsch der Sowjetarmee in Afghanistan 1979 führte zu einer Destabilisierung des Landes. Davon war die Region um Ghazni in besonderem Maße betroffen. Aus diesem Grund entschied man sich für eine Auslagerung der Sammlung des Rawza Museum of Islamic Art. Die Kunstgegenstände wurden in den 1980er Jahren in einem Kunstlager untergebracht. Während dieser Aus- und Umlagerung der Museumssammlung ist das Hamburger Paneel gestohlen oder verbracht worden und tauchte dann Anfang der 1990er Jahre im Pariser Kunsthandel auf. Alle Details dazu konnten bisher noch nicht geklärt werden.






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  • Museum bereitet Rückgabe eines afghanischen Wandpaneels vor. Previous. © MKG/Joachim Hiltmann
    Museum bereitet Rückgabe eines afghanischen Wandpaneels vor. Previous. © MKG/Joachim Hiltmann
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg