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Kunst

Christian Hein // meersehenmehrsehen //

Kunst

Der Heiler berührt zwischen Massage, Intimität und Handauflegen einen am Strand liegenden, der erschlaffter Kunde, Ertrunkender, im Schlaf Begrapschter, rituell Beschworener oder selbstgefällig bedienter Tourist sein könnte. Das Muster der Rückseite eines "typischen" französischen gewachsten Tischtuchs changiert zwischen Kachelung, Wolkenbank und Horizontlinie. Es ist eigentlich nichts davon, sondern Teil eines Gemachten, eines Kunstwerks von leichtfüßiger Befremdlichkeit. Nicht beängstigend, nicht surreal, nicht fantastisch, nicht lächerlich, nicht mehr alltäglich. Konzeptuell selektiert und prononciert. Zugleich ein Selbstporträt des Künstlers als spürender Weltenbegegner - von ähnlicher Distanz wie der unter Wasser tauchende, untypisch schnappschussverdichtet für Porträts, aber durchaus etwas von der Person offenbarend und wieder fremdartig im Gebaren, obwohl als Freizeitgesellschaftsverhalten wie aus Filmen bekannt und nachvollziehbar. Ein Zustand, der durch das technisch möglich gewordene Einfrieren von Bewegungsmomenten fremdartig wird – und durch die Nachmalerei wieder als solches sichtbar. Die Springer nehmen Schutz- Dreh-, Taumel-, Hock- und sonstige Haltungen ein, die etwas von Erfahrung mit und Bammel vor dem Eintauchen in Wasser beinhalten, als Haltung aber nur im Flug eingenommen werden können oder Sinn machen, also keine der heute üblichen Posen sein können. Sie könnten aber Vokabular sein, Schriftzeichen oder Piktogramm.

Auf gestapelte und mit verschiedenen Stoffen bespannte Keilrahmen hat der Künstler zwei Darstellungen gemalt, die aus den Streifen jeweils Himmel oder Wasser werden lassen. Ein überfülltes Flüchtlingsboot, das am Strand über Schlauchboote entleert werden soll und eine aus Kisten gestapelte Rettungssschwimmer-Überwachungsstation mit abgezäuntem Revier verweist auf Realität, die es als Tagesaktualität sonst meist nicht in den Kunstkontext schafft. Die Baywatch sichert die Strandregion als Tourismusservice. Flüchtlinge werden hier nicht erwartet. Das Flüchtlingsboot wird von der Presse als „Symbolbild“ verwendet, wenn bei solchen Vorkommnissen mal wieder kein Situationsbild vorhanden ist. Hein nennt die Arbeit „Randerscheinungen“. Sie finden seewärts und landwärts des Meeressaumes und Strandrandes statt. Gerne werden diese Geschehnisse als Randerscheinungen eingestuft und zugleich sind sie auf dem Rand der Keilrahmen dargestellt.

In dieser auch für andere Bildtitel genutzten sprachlichen Doppeldeutigkeit zeigt sich ein humorvoller und anspielungsreicher Umgang mit Bildthemen und Titeln, mit geschürten Erwartungen und dem Blick fürs Detail, auf das man mit Christian Hein einen neuen und durchaus ambivalenten Blick wirft. Die Welt ist voller seltsamer Bilder. Christian Hein bannt sie uns auf Stoff, der aus seiner Gewöhnlichkeit ebenso wieder herauswächst, wie die gewählten Bildstoffe, um im Duktus der Doppeldeutigkeit zu bleiben. In Sinne der immer mitschwingenden Widersprüchlichkeit sind Figur und Grund bzw. Malerei und Untergrund beide „anziehende Stoffe“. In diesem Sinne sieht man auch mehr als Meer.






  • 10.10.2015 - 30.10.2015
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    Mi und Fr ⇒ 18:00 - 20:00



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