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Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl: Zentralfiguren der Wiener Moderne

Um 1900 war Wien das schillernde Zentrum zahlreicher geistiger und kultureller Strömungen, die bis heute nichts von ihrer Faszination und weltweiten Ausstrahlung verloren haben. Die Österreichische Nationalbibliothek präsentiert in ihrer neuen Sonderausstellung „Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl“ drei Zentralfiguren dieser Wiener Moderne. Zu sehen ist die Schau ab 22. März 2018 im Literaturmuseum. Über 250 Originalobjekte wie Manuskripte, Fotos, Zeichnungen, Bücher, Notenblätter, Briefe und Tagebücher machen die familiären, künstlerischen und gesellschaftlichen Netzwerke rund um den Komponisten Alban Berg, den Philosophen Ludwig Wittgenstein und die Salonnière Berta Zuckerkandl sichtbar. Die außergewöhnlichen Objekte stammen großteils aus den umfangreichen Nachlässen der drei Persönlichkeiten, die sich alle in den Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek befinden. Der erst 2017 in die UNESCO-Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommene philosophische Nachlass Ludwig Wittgensteins wird dabei erstmals öffentlich gezeigt.

100 Jahre Wiener Moderne
Die Wiener Moderne war eine der wichtigsten Kunst- und Kulturepochen der österreichischen Geschichte. Das Habsburgerreich, das seit 1848 von Kaiser Franz Joseph I. regiert wurde, war um 1900 zerrissen zwischen einem katholisch-konservativen Selbstbild und der Industrialisierung mit all ihren wirtschaftlichen und sozialen Folgewirkungen. Die Nationalitätenkonflikte im Vielvölkerstaat spitzten sich mehr und mehr zu. Wien hatte damals über zwei Millionen Einwohner und war zu einem Schmelztiegel der mitteleuropäischen Kulturen geworden.

In diesem Umfeld entwickelte sich die Wiener Moderne. Für Karl Kraus war sie eine „Versuchsstation des Weltuntergangs“, für andere ein Laboratorium, in dem zwischen den Künsten und Wissenschaften ständig neue, manchmal beständigere, manchmal flüchtige soziale Mischungen entstanden; mit wenigen Ausnahmen – wie Ludwig Wittgensteins Erprobung eines Lebens als Volksschullehrer – fanden diese immer in einer vorwiegend jüdisch-bürgerlich geprägten und liberal denkenden Schicht statt.

Wien feiert 2018 das 100-Jahr-Jubiläum der Wiener Moderne unter dem Motto „Schönheit und Abgrund“: 1918 sind mit Gustav Klimt, Egon Schiele, Otto Wagner und Koloman Moser einige ihrer wichtigsten Protagonisten gestorben. Die Schau „Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl“ reiht sich in diesen Jubiläumsreigen ein und legt ihren Fokus auf die literarischen Bezüge und Verbindungslinien, die es sowohl beim Komponisten und Musikrevolutionär Alban Berg, als auch beim Philosophen und Architekten Ludwig Wittgenstein und bei der Salonnière, Publizistin und Kunstförderin Berta Zuckerkandl reichlich gab.

Im Fokus: die Literatur
Alban Berg verstand sich selbst als Komponist und Musik-Schriftsteller. Seine Vertonung von Texten Peter Altenbergs provozierte anlässlich der Uraufführung 1913 tumultartige Reaktionen. Bergs Opern nach den Dramen „Woyzeck“ von Georg Büchner und „Lulu“ von Frank Wedekind zählen zu den wirkmächtigsten Werken der musikalischen Moderne.

Ludwig Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“ wurde 1918 vollendet und kann als philosophisch-literarisches Schlüsselwerk der Epoche gelesen werden. Der in mehreren Variationen überlieferte Satz „Philosophie dürfte man eigentlich nur dichten“ zeigt, wie sehr die Sprache der Literatur in alle Richtungen ausstrahlte.

Auch für die Salonnière Berta Zuckerkandl war die Literatur zentral. Sie empfing in ihren Salons zahlreiche Persönlichkeiten, darunter die wichtigsten AutorInnen ihrer Zeit wie zum Beispiel Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler und Stefan Zweig.

Ausgewählte Objekte der Schau zeigen zudem, dass die drei Wiener Positionen auch in einem internationalen Kontext stehen: Ein Plakat erinnert an die Uraufführung von Alban Bergs „Wozzeck“ 1925 in Berlin; ein Typoskript mit einer langen „List of questions“ zeigt Ludwig Wittgensteins Arbeit an der Übersetzung des „Tractatus“, der erst vier Jahre nach der Fertigstellung erstmals als Buch in einer zweisprachigen Fassung in England erschien. Berta Zuckerkandl war über ihre Familie eng mit Frankreich verbunden. Diese Beziehung wird etwa durch Briefe des späteren französischen Ministerpräsidenten Georges Clemenceau belegt; er war um 1900 ein enger Freund der Familie, mit dem Zuckerkandl die Ausstellungen der künstlerischen Avantgarde in Paris besuchte.

Alban Berg
Alban Berg (1885–1935) entstammte einer wohlhabenden Wiener Bürgerfamilie. Von Jugend an zeigte er sich für die musikalischen und literarischen Strömungen der Zeit sehr empfänglich. War es auf literarischem Gebiet vor allem Karl Kraus, dessen polemische Brillanz ihn faszinierte, so wurde auf dem musikalischen Sektor Arnold Schönberg sein Lehrer und Mentor. Sieben Jahre lang, von 1904 bis 1911, war er Schönbergs Schüler. Wie eng die Verbindung war, zeigen etwa Briefe Schönbergs an Berg oder die ausgestellte Entwurfsfassung von Bergs Aufsatz „Warum ist Schönbergs Musik so schwer verständlich?“ aus dem Jahr 1924. Ebenfalls in der Schau zu sehen ist das Plakat zum legendären „Watschenkonzert“ vom 31. März 1913 im Musikvereinssaal in Wien. Das Orchester des Wiener Konzertvereins, der Vorläufer der Wiener Symphoniker, spielte unter der Leitung von Arnold Schönberg u. a. Bergs „Orchesterlieder nach Ansichtskartentexten von Peter Altenberg“. Das Publikum war entsetzt über die neuartige Musik, aufgrund der tumultartigen Szenen musste das Konzert abgebrochen werden.






  • 22.03.2018 - 17.02.2019
    Ausstellung »

    22. März 2018 bis 17. Februar 2019 im Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek (Grillparzerhaus, Johannesgasse 6, 1010 Wien).



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  • Plakat zur Ausstellung – © Österreichische Nationalbibliothek
    Plakat zur Ausstellung – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Ludwig Wittgenstein, Foto: Moritz Nähr, 1930 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Ludwig Wittgenstein, Foto: Moritz Nähr, 1930 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Alban Berg, Foto: Atelier d’Ora-Benda, 1924 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Alban Berg, Foto: Atelier d’Ora-Benda, 1924 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Ludwig Wittgenstein auf dem Schaukelpferd, Foto: Carl Pietzner, um 1892 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Ludwig Wittgenstein auf dem Schaukelpferd, Foto: Carl Pietzner, um 1892 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Berta Zuckerkandl, Foto: Atelier d’Ora, 1908 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Berta Zuckerkandl, Foto: Atelier d’Ora, 1908 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek