Face it! Im Selbstgespräch mit dem Anderen
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Ausstellung29.06.2019 - 29.09.2019
FACE IT! IM SELBSTGESPRÄCH MIT DEM ANDEREN
Die internationale Gruppenausstellung im Kunstmuseum Ravensburg rückt das Gesicht als Medium zwischen dem ›Ich‹ und dem ›Anderen‹ in den Mittelpunkt als Nahtstelle zwischen Präsenz und Repräsentation. Im Dialog zwischen Werken des frühen 20. Jahrhunderts und zeitgenössischer KünstlerInnen zeigt sich das Gesicht als Schauplatz von Emotionen, die vom jeweiligen Selbstbild wie von gesellschaftlichen Konventionen überformt werden. Das Gesicht ist zugleich Ort des Zeigens und Verbergens, der Inszenierung und des Rückzugs. Wer (s)ein Gesicht betrachtet, will sich ein Bild machen. Zugleich beinhaltet der Blickwechsel mit einem Gegenüber den Verweis auf sich selbst, auf die eigenen Rollen und Selbstbilder. Im inneren Dialog wird das Gesicht so als Spiegel des Selbst im Anderen erfahrbar. Mit den thematischen Schwerpunkten: »Expressives Mienenspiel«, »Spiegelungen und Doppelgänger«, »Jenseits stereotyper Rollenbilder« und »Privatim: Schlaf–Ekstase–Tod« untersucht die Ausstellung das Gesicht im Spannungsfeld von Selbstausdruck, Selbstbild und gesellschaftlichen Codes.
EXPRESSIVES MIENENSPIEL
Die Mimik formt Gesichter und gilt als Ausdruck eigenen Erlebens, Mittler der Kommunikation und Selbstdarstellung. Das ›expressive Mienenspiel‹ als Form des nonverbalen Miteinanders wird in Kontrast von Individualität und Emotionalität sowie Uniformierung und Maskierung diskutiert. Eine Künstlichkeit des Lachens liegt bereits in der Natur der Maskerade des Clowns, deren vielschichtige Abgründe Cindy Sherman zum Anlass ihrer Serie »Clowns« (2003–2004) nahm. Dagegen kehrt Sherman in Anlehnung an Gemälde Alter Meister in der Serie »History Portraits« (1988–1990) mittels Kostümierung und Maskierung Zeichen von Macht ins Groteske und verdeutlicht die kulturelle Codierung des Mienenspiels. Asta Gröting überführt in ihrer Serie »Not feeling too cheerful« (2018) Emojis aus der digitalen Kommunikationsstruktur in spiegelnde Glasskulpturen und betont einmal mehr, dass »die Geschichte des Gesichtes vor allem auch eine Mediengeschichte ist« (Sigrid Weigel).
SPIEGELUNGEN UND DOPPELGÄNGER
Die präsentierten Arbeiten rücken sowohl die Konfrontation mit dem Selbst im Spiegel wie auch mit dem Doppelgänger, medialen Alter Ego und virtuellen Avatar ins Zentrum. Der Schreck anlässlich des eigenen Angesichts im Spiegel in dem Moment, in dem das imaginäre Selbstbildes bröckelt, steht der Frau in Erich Heckels Lithografie »Vorm Spiegel« (1920) buchstäblich ins Gesicht geschrieben. In Bjørn Melhus ́ Videoarbeit »Das Zauberglas« (1991) wird der Protagonist durch einen Fernsehbildschirm in ein begehrenswertes Gegenüber gedoppelt, und medial produzierte Sehnsuchtsbilder werden im Gespräch mit dem weiblichen Alter Ego entlarvt. Während die Fotografien einer lebensgroßen Puppe den Wunsch Oskar Kokoschkas nach einem ›lebhaften‹ Doppelgänger seiner ehemaligen Geliebten Alma Mahler verkörpern, stellt Robbie Cooper in seiner Serie »Alter Ego« (2003–2006) den analogen Ichs ihre digitalen Avatare gegenüber. Cooper zeigt, was längst gültig ist: die fluiden Grenzen zwischen analoger und digitaler Identität.

PRIVATIM: SCHLAF–EKSTASE–TOD
In den Werken dieses Ausstellungsteils sind die Gesichter nicht nach außen gerichtet, um sich dem Anderen zu zeigen. Vielmehr handelt es sich um Zustände der Selbstvergessenheit, in denen das Gesicht frei von Reflexion entgleitet, um ungestört Körper sein zu können. Diese Gesichtsvergessenheit wird vor allem in den existentiellen Erfahrungen des Schlafes, der Ekstase und schließlich des Todes erfahrbar. Der Anblick des Todes ist sowohl in Andreas Slominskis minimalistisch anmutender Skulptur aus Kindersärgen präsent wie in Marlene Dumas Gemälde »Mother and Child« (1989– 1993), in welchem sie das Werden und Vergehen des Lebens ins Bild setzt. Zeugnisse des ekstatischen Kontrollverlusts kennzeichnen sowohl Ernst Ludwig Kirchners Arbeit »Ruth im Morphiumtraum« (1907) wie auch die Bildserie »Headshots« (1991–1996) Aura Rosenbergs, die die faciale Spannung und Entspannung während des Liebesakts in den Mittelpunkt rückt. Hingegen verdeutlichen die von Mark Wallinger im Internet gefundenen Bilder von Schlafenden in öffentlichen Verkehrsmitteln (The Unconscious, 2010), dass wir längst in einer Post Privacy Area leben.
JENSEITS STEREOTYPER ROLLENBILDER
In diesen Arbeiten werden traditionell zugewiesene Rollenbilder von Mann, Frau oder Heterosexualität unterlaufen und die Tragfähigkeit normativer Rollenzuschreibung in Frage gestellt. Dabei werden Körper und Gesicht zum Austragungsort der Gesellschaftskritik. Starre werden durch fluide Identitätskonzepte ersetzt und machtvolle Fremdzuschreibungen unterwandert. Sowohl Valie Exports »Tapp- und Tastkino« (1968) als auch Jürgen Klaukes Fotografie »Transformer« (1973) zeigen beispielhaft die kritische Infragestellung gesellschaftlich normierter Geschlechterrollen. Den Reiz die sexuelle Identität frei zu bestimmen, offenbart auch Nan Goldins Fotografie einer Drag Queen (1991), deren eindringlicher Blick mit dem »Spanischen Mädchen« (1912) von Alexej von Jawlensky korrespondiert. Für eine Reihe von Jawlenskys ›Spanierinnen‹ die zwischen 1909 und 1913 entstanden saß der russische Tänzer Alexander Sacharoff Modell.
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29.06.2019 - 29.09.2019
Di bis So 11-18 Uhr Do 11-19 Uhr montags geschlossen, außer feiertags