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Amateurfotografie. Vom Bauhaus zu Instagram

Amateur*innen und Social Media: Amalia Ulman (*1989) beschäftigt sich in ihrer Online-Performance PRIVILEGE (2015–2018) mit dem Verhältnis des digitalen Selfies zu seiner vermeintlichen Authentizität. Indem Ulman eine fiktive Persönlichkeit erschafft, hinterfragt sie vorherrschende Darstellungsweisen und Repräsentationsmechanismen. Sie untersucht die Logik der Algorhythmen des Internets. Während Werner Graeff 1928 feststellte, dass die Kamera-Industrie die Regeln für das Fotografieren vorgebe, werden sie heute von der Ausstattung der digitalen Kameras, der Informationstechnologie und den Verbreitungsmöglichkeiten digitaler Bilder bestimmt. Die „neuen“ digitalen Amateur*innen bilden ihre Lebenswelt in den sozialen Netzwerken ab. Selten wurden so viele Selfies gezeigt wie etwa auf Facebook und Instagram. Der Künstler Joachim Schmid (*1955) untersucht in seine Arbeit Other People’s Photographs (2008–2011) die Bildmuster der auf Social Media-Kanälen hochgeladenen Bilder.

III. Gesellschaft verändern!
Die Welt eines jeden Menschen zu zeigen, „ob er in einem vornehmen herrenhause wohnt, oder in einer bescheidenen proletarierhütte“, habe die Amateurfotografie, so Lucia Moholy, großes „Potential“. Das Kapitel Gesellschaft verändern! widmet sich den gesellschaftsverändernden Ideen und den Verbindungen des Bauhaus zur Arbeiterfotografie. 1932 bewarb sich der sozialdemokratische Betonbauer Albert Hennig (1907–1998) mit seiner Serie Kinder der Straße am Bauhaus Dessau. Die Serie war Ausgangspunkt einer Reihe sozialkritischer Aufnahmen des Fotografen, die in den 1920er und 1930er Jahren entstanden. Das Bauhaus und die Bewegung der Arbeiterfotografie standen im engen Verhältnis zueinander, wie Veröffentlichungen aus den Arbeiterfotografie-Zeitschriften AIZ, Der Arbeiterfotograf, Der Kuckuck oder das Neue Bild sowie die von ihnen initiierten Amateurfoto-Wettbewerbe deutlich machen. So haben sich nicht nur die Bauhaus-Studierenden für die Arbeiter*innen und ihre soziale Lage interessiert, sondern auch die Redaktionen der Arbeiterzeitungen für die Fotografien der Bauhausstudierenden, deren Fotos sie druckten.

Die Bewegung der Arbeiterfotografie der 1930er Jahre und deren Idee, Fotografie als politische Waffe einzusetzen, griff man in der westdeutschen Protestkultur der 1970er Jahre wieder auf. Um 1973 gründeten etwa Hamburger Studierende die Zeitschrift Arbeiterfotografie. Im Rahmen von Workshops gingen sie auf Arbeiter*innen zu, um ihnen das Fotografieren beizubringen und damit mehr (Selbst)Bewusstsein zu vermitteln. Die Ausstellung stellt den in einem Arbeiterfotografie-Verein aktiven Nuri Musluoglu (*1951) und den gewerkschaftsnahen Hamburger Karl Sauer (1931–1986) vor und zeigt deren politisch motivierte Fotografie von Demonstrationen. Aus einem ähnlichen Grund entstand das private Fotoarchiv über die Proteste gegen die Atommüll-Transporte im Wendland von Ingrid (*1940) und Werner Lowin (*1945), die ihre Tätigkeiten als private, aber durchweg widerständige politische Arbeit verstehen. Heute befindet sich ein Teil im Gorleben Archiv in Lüchow.

Partizipative Projekte haben in den letzten Jahren Archive mit Amateurfotografien geschaffen und Bilder von gesellschaftlichen Umbrüchen zusammengeführt. Ihr Ansatz erinnert an die Arbeiterfotografie der 1920er und 1930er Jahre, die das „Foto als Kampfmittel“ verstand. Die Ausstellung stellt Initiativen vor, die das gesellschaftskritische Potential der Amateurfotografie unter gegenwärtigen Gesichtspunkten fortführen: Das in 2009 gegründete Künstlerduo Werker Collective arbeitet in 365 Days of Invisible Work seit 2012 fortlaufend mit gesammelten Bildeinsendungen von unsichtbarer oder unbezahlter Hausarbeit von Haushälter*innen. Wie Formen von Protest auf Internetplattformen wie Facebook und Instagram aussehen können, zeigt die Künstlerin Irene Chabr (*1983), die mit sogenannten „Protestselfies“ zu #tagaktivismus arbeitet. Sie sammelt, ordnet und installiert sie im Raum. Ein berühmtes Beispiel für ein Protestselfie ist jenes der ehemaligen First Lady der USA Michelle Obama, die aufgrund der Massenentführung nigerianischer Schülerinnen 2014 mit einem Schild, auf dem #bringbackourgirls stand, für ein Foto posierte.

Positionen: Karl A., Getrud Arndt, Marta Astfalck-Vietz, Niels Auler, Walter Ballhause, Wilhelm Bandelow, Irene Bayer-Hecht, Albrecht Becker, Lotte Beese, Ella Bergmann-Michel, Aenne Biermann, Marianne Brandt, Irene Chabr, Theo und Nelly van Doesburg, T. Lux Feininger, David Werner Feist, Dieter Hacker, Paul Edmund Hahn, Anton Haller, Hammid, Louis Held, Albert Hennig, Hendrik Hermann van den Berg, Axel Herrmann, Kurt Hiller, Alice Hirsekorn, Corrie H. Jonker, Grit Kallin-Fischer, Ingrid und Werner Lowin, Eva und Franco Mattes, Lucia Moholy, László Moholy-Nagy, Nuri Musluoglu, Eva Pennink-Boelen, Robert Petschow, Maria Reh, Guadalupe Rosales, Franz Roh, Karl Sauer, Eckhard Schaar, Joachim Schmid, Hildegard Schneider, Sasha Stone, Alex Strasser, Hendrik Teding van Berkhout, Amalia Ulman, Otto Umbehr, Werker Collective u.a.

Ausgewählte Strecken aus den Zeitungen: Der Arbeiterfotograf (1926–1933), Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (1921-1938), Das Neue Bild (1930–1931), Der Kuckuck (1929–1934), Volksfoto (1976–1980), Türkiye Postasi (1983-1989), Arbeiterfotografie (1972–2012)

Publikation: Der Katalog zur Ausstellung mit dem Titel Amateurfotografie. Vom Bauhaus zu Instagram erscheint im
Kehrer Verlag mit Beiträgen von Ulrike Bergermann, Susanne Holschbach, Florentine Muhry, Susanne Regener, Esther Ruelfs, Sven Schumacher und Bernd Stiegler, Englisch/Deutsch, 208 Seiten, 180 Abbildungen in S/W und Farbe.






  • 03.10.2019 - 12.01.2020
    Ausstellung »

    ÖFFNUNGSZEITEN
    Dienstag bis Sonntag: 10-18 Uhr
    Donnerstag: 10-21 Uhr
    Donnerstag an oder vor Feiertagen: 10-18 Uhr
    Kassenschluss jeweils 30 Minuten vor Schließung des Museums.
    GESCHLOSSEN
    montags, 1. Mai, Heiligabend und Silvester
    GEÖFFNET
    Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag, Ostermontag, Himmelfahrt, Pfingstsonntag,
    Pfingstmontag, Tag der deutschen Einheit und sonstige Feiertage: 10-18 Uhr
    Neujahr, 1. und 2. Weihnachtstag: 12-18 Uhr
    GERD BUCERIUS BIBLIOTHEK
    Dienstag - Freitag: 11-17.30 Uhr
    Donnerstag bis 19 Uhr

    Die Bibliothek bleibt am 27. und 28. Dezember 2018 geschlossen.
    DESTILLE
    Dienstag bis Sonntag 11-17 Uhr (Buffet bis 16 Uhr)
    Donnerstag bis 20 Uhr (Buffet bis 19 Uhr), im Juni, Juli und August nur bis 17 Uhr (Buffet bis 16 Uhr)
    Über Weihnachten und Neujahr ist die Destille geöffnet.



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  • Foto: Carl Friedrich Bandelow (1870–1923), Selbstbildnis, 1902, Silbergelatinepapier, 15,6 x 17 cm, Foto: © Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
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    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Axel Herrmann (1946‒2010), Continental Breakfast, 1970er-Jahre, Kleinbilddias, Daniel Herrmann, © Daniel Herrmann
    Axel Herrmann (1946‒2010), Continental Breakfast, 1970er-Jahre, Kleinbilddias, Daniel Herrmann, © Daniel Herrmann
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Unbekannt, Vier Studierende auf dem Dach des Bauhauses in Dessau, 1927/28, Silbergelatinepapier, 6 x 10,5 cm, Galerie Kicken Berlin, © unbekannt
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    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Axel Herrmann (1946‒2010), Continental Breakfast, 1970er-Jahre, Kleinbilddias, Daniel Herrmann, © Daniel Herrmann
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    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Unbekannt, Woman Displaying Various Outfits, 1980/90er-Jahre, Silbergelatinepapier, je 12,7 x 8,9 cm, The Walther Collection, New York/Neu-Ulm, © Mit freundlicher Genehmigung von The Walther Collection
    Unbekannt, Woman Displaying Various Outfits, 1980/90er-Jahre, Silbergelatinepapier, je 12,7 x 8,9 cm, The Walther Collection, New York/Neu-Ulm, © Mit freundlicher Genehmigung von The Walther Collection
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  • Irene Bayer-Hecht (1898‒1991), Makkaroni, vor 1928, Silbergelatinepapier, 12,4 x 16,7 cm, Museum Folkwang, Essen, © unbekannt
    Irene Bayer-Hecht (1898‒1991), Makkaroni, vor 1928, Silbergelatinepapier, 12,4 x 16,7 cm, Museum Folkwang, Essen, © unbekannt
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • 	 László Moholy-Nagy (1895–1946), Oskar Schlemmer in Ascona, 1926/27, Silbergelatinepapier, 23,5 x 17,5 cm, Berlinische Galerie – Museum für Moderne Kunst, Public Domain, Foto: Anja Elisabeth Witte
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    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg