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Sultan Adler "Das geht sich locker aus ... "

softOPENING am 9. Oktober 2021, zwischen 11 und 18 Uhr Dauer der Ausstellung: 10.Oktober bis 5. November 2021

GPLcontemporary 1040 Wien, Preßgasse 30

Wir achten auf die Einhaltung der gesetzlichen Covid19-Maßnahmen. Flieg, Adler, flieg

Bemerkungen zu den Gemälden von Sultan Adler Von Gerhard Charles Rump

In Sultan Adlers künstlerischem Werk stellt der Adler eines von mehreren wiederkehrenden Motiven dar. Es ist für einen starken künstlerischen Charakter typisch, sich starke, traditionsreiche und symbolisch hoch aufgeladene Motive auszuwählen. Gleich, ob es sich um den Weisskopf-Seeadler oder den Steinadler handelt – Bevorzugungen hängen vom regionalen Habitat des majestätischen Vogels ab – alle Mitglieder der "Aquila"-Familie haben ähnliche Eigenschaften und werden auch entsprechend wahrgenommen.

Eines der wichtigsten Merkmale ist der Knochenbogen über den Augen, der ihnen einen strengen, ernsten und kühnen Ausdruck verleiht. Dieser Ausdruck ist von ihrer wirklichen Stimmungslage völlig unabhängig – es ist nur eine Täuschung unserer Wahrnehmung: Der Adler wirkt lediglich kühn für unser auf menschlichen Ausdruck geeichtes Wahrnehmungssystem. Wir Menschen haben nicht die Wahrnehmung der "Aquila"-Familie, daher rührt dieses kulturell weitergegebene Missverständnis.

Unsere Auffassung dieser Raubvögel hat zu ihrer weiten Verbreitung in der Heraldik geführt. Unzählige Wappen zeigen Adler (oft in Rot, Schwarz oder als Doppeladler). Für viele Menschen symbolisiert der Adler Stärke, Entschlossenheit, Führungsanspruch und Mut, wobei er Wildheit mit Adel verbindet, und das schon seit den Zeiten von Babylon, dem Alten Ägypten und dem Alten Rom, um nur einige Zivilisationen zu nennen. Der Adler verfügt auch über Verbindungen zur Spiritualität und verkörpert in manchen Kulturen die Stärke der Sonne, die Lebenskraft.

Sultan Adler geht mit dem Greifvogel auf ihre eigene, künstlerische Weise um. Sie relativiert das Motiv mit allen seinen historischen Überfrachtungen, definiert seinen Charakter neu, fügt neue Aspekte hinzu, so dass der Betrachter überrascht wird und reichlich Gelegenheit bekommt, seine eigene Stellung zum Thema zu finden. Diese kann durch Transfer zu Neubewertungen und Umwidmungen auch anderer Gedankeninhalte führen. Der Adler wird so zu einem Ausgangspunkt, er erhebt sich in die Lüfte, diesmal aber nicht als Beutemacher, sondern der Vogel selbst wird zum Objekt visueller und geistiger Auseinandersetzung.

Ein Weisskopf-Seeadler, der auf einem Felsen hockt und dabei den Betrachter mit einem Auge anblickt (1) zeigt das deutlich. Er wirkt fast wie eine Taube (sein symbolischer Widerpart), mit einem Schuss Ironie in Bezug auf die Unschuld seiner natürlichen Antriebe (2), so wie er da auf einem kleinen Felsen oder Haufen sitzt, inmitten eines lichten Waldes aus schmalen Bäumen, im Spätherbst oder Winter, was durch die Farbigkeit und das fehlende Laub nahegelegt wird. Eine Vertikalkomposition, etwas links von der dennoch betonten Mittelachse, die so eine gewisse ästhetische Spannung in ein sonst harmonisches und ruhiges Bild bringt, wobei der Kopf des Bildes den Goldenen Schnitt markiert. Der Vogel ruht auf einem schwarz-roten, unregelmässig begrenzten Farbfeld, was ein blutiges Element abgibt, die Beute.

Die Tatsache, dass das Tier auf der Spitze eines Felsens ruht, also in einer erhöhten Position, verstärkt den hieratischen Charakter des Bildes. Es handelt sich um eine Darstellung, die widersprüchliche Botschaften miteinander versöhnt. Es geht um die "coincidentia oppositorum". Dieser Begriff, ein zentrales Element in der Philosophie des Nikolaus von Kues (1401-1464), verweist auch auf die Aufhebung aller Widersprüche in Gott, grade so, wie die konfligierenden Elemente in diesem Bild auf der höheren Ebene der Kunst aufgehoben werden.

Ein anderes wiederkehrendes Motiv stellt der Orient-Teppich dar (3). Dass sie aus der Türkei stammt, ist dafür verantwortlich, dass Sultan Adler mit dieser ehrwürdigen Tradition aufwuchs. Sie hat den Teppich wesentlich auf zwei Arten behandelt. Einmal hat sie Teppiche als Bildträger benutzt, also buchstäblich auf Teppiche gemalt. Alle Spuren und Inhalte wurden mit Acryl übermalt, was die Oberfläche veränderte und zu einer Kombination traditioneller und neuer Motive führte, während die Textur blieb. Für sie waren Teppiche immer mit der Vorstellung von Heimat verbunden, sie wurden immer mitgenommen und schufen Raum, waren eine Art dreidimensionale Kleidung (4). Das bedeutet eine Neu-Bewertung, das Schaffen neuer Zusammenhänge, und eine Wieder-Aneignung einer ästhetischen und kulturellen Überlieferung.

Der Aar, wie er auch noch gelegentlich genannt wird, und der Teppich, haben, in unterschiedlichen Dimensionen, eine Gemeinsamkeit: Sie können fliegen. Der Adler real, der Teppich in der Märchenwelt. Aber der Adler fliegt auch symbolisch-metaphorisch, indem er zum Sinnbild des Gedankenfluges, der künstlerischen Inspiration umgedeutet wird. Und zwar einer Inspiration, die, adlergleich, wagemutig erscheint, sich auf Höhenflüge begibt und von hoch oben klar ihr Ziel im Blick hat.

Die Künstlerin verfolgt dabei eine Linie der Isolation des Gegenstandes und konzentriert sich auf das Wesentliche des Motivs, und da sie es aus jeglichem situationalen Zusammenhang herauslöst, verlangt sie vom Betrachter, dass dieser Sinn stiftet, indem er re-kontextualisiert. Was scheinbar absolut und faktisch ist, erscheint in Wahrheit individualisiert und subjektiv – so konstruiert Sultan Adler ästhetische Spannung nicht nur auf der Malfläche, sondern auch im Erleben.






  • 10.10.2021 - 05.11.2021
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    GPLcontemporary »

    Mi-Fr: 13 bis 18 Uhr
    Sa: 11-16 Uhr
    nach Vereinbarung

    +4369913573730 oder mail@gplcontemporary.wien 



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