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Eine neue Kunst. Photographie und Impressionismus

Im 19. Jahrhundert wählten zahlreiche Photographen die gleichen Motive wie die Maler des Impressionismus: Den Wald von Fontainebleau, die Steilküste von Étretat oder die moderne Metropole Paris. Auch sie studierten die wechselnden Lichtsituationen, die Jahreszeiten und Wetterverhältnisse. Von Anfang an verfolgte die Photographie durch Erprobung von Komposition und Perspektive sowie mit Hilfe unterschiedlicher Techniken einen künstlerischen Anspruch. Ihr Verhältnis zur Malerei war bis zum Ersten Weltkrieg sowohl von Konkurrenz als auch von Einflussnahme geprägt. Die Ausstellung im Museum Barberini untersucht mit über 150 Werken die Photographie um 1900 auf ihrem Weg zu einer autonomen Kunstform und beleuchtet ihr komplexes Verhältnis zur impressionistischen Malerei.

Das neue Medium der Photographie war zugleich Teil der industriellen Revolution und Beginn der modernen Wissensgesellschaft. Auf den Weltausstellungen wurde es einem internationalen Publikum vorgestellt. Die photographischen Aufnahme- und Reproduktionstechniken bedienten sowohl den zeitspezifischen Blick als auch den enzyklopädischen Dokumentationswillen: Die Möglichkeit, mit Photographien Sammlungen beliebiger Themengebiete anzulegen, entsprach dem neuen Bedürfnis, Wissen zugänglich zu machen und zu archivieren. Wie die umgestalteten Stadtzentren von Paris, London, Wien oder München im Historismus der Architektur, so brachte auch das neue Medium Tradition und Moderne zusammen: Museen, Bibliotheken und Archive entstanden, Reisebeschreibungen, Vermessung und Kartierung prägten das Zeitalter. Parallel zur Soziologie entstand neben dem Gesellschaftsroman des literarischen Realismus die Sozialreportage in der Photographie. Die sich ausdifferenzierenden Naturwissenschaften beschrieben die Gegenwart.

Photographie – eine neue Kunst?
Was lag somit näher, als die Exaktheit der Photographie zu nutzen? Sollte sich gar das neue Medium zu mehr als einer Hilfswissenschaft der Malerei entwickeln? Zum ersten Pariser Salon, auf dem auch Photographien ausgestellt wurden, schrieb Charles Baudelaire 1859 eine vernichtende Kritik. In einem fiktiven Streitgespräch ließ er einen Photographen sagen: „Ich will die Dinge so wiedergeben, wie sie sind, oder besser: wie sie wären, wenn ich nicht da wäre.“ Dagegen setzte Baudelaire die Antwort eines Malers aus der von ihm favorisierten „Gruppe der Phantasiereichen“: „Ich möchte die Dinge durch meinen Geist erleuchten und ihren Widerschein auf die anderen Geister abstrahlen.“ Damit legte Baudelaire, Vordenker und Freund der Impressionisten, den Antagonismus zwischen Maschine und Geist auf lange Sicht fest. Noch Walter Benjamins Überlegungen zum Verlust der Aura des „Kunstwerks im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ aus dem Jahr 1936 geht auf diese Unterscheidung zurück.

Wechselspiel von Photographie und Impressionismus
Claude Monet wie Berthe Morisot, Camille Pissarro und Pierre-Auguste Renoir arbeiteten unter freiem Himmel, um die neue Beziehung von Mensch und Natur zu thematisieren. Die Impressionisten widmeten ihre Malerei dem Augenblick. Ihre Malerei war pure Gegenwart, die individuelle Reaktionen auf im Wechsel begriffene Licht- und Wetterphänomene thematisierte. Das machte sie zu Verbündeten der Photographen. Auch sie wählten die gleichen Motive wie die Impressionisten und studierten die wechselnden Lichtsituationen, Jahreszeiten und Wetterverhältnisse. Von Anfang an verfolgten sie durch Erprobung von Komposition und Perspektive, mithilfe unterschiedlicher Techniken und Materialien sowie mit Unschärfe, Dramatisierung und Montage einen künstlerischen Anspruch. Licht – Grundlage der Photographie – war wie das Sehen selbst gemeinsames Thema von Malerei und Photographie. Die Ausstellung Before Photography. Painting and the Invention of Photography im New Yorker Museum of Modern Art verdeutlichte bereits 1981, dass die Photographie nicht aus dem Wissenschaftskontext hervorging, sondern aus der Landschaftsmalerei. Die Erforschung des perspektivischen und subjektiven Charakters des Mediums stand seither im Fokus und ermöglichte so grundlegende Ausstellungen wie Gustave Caillebotte. Ein Impressionist und die Fotografie (Schirn, Frankfurt am Main, 2012) und The Impressionists and Photography (Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid 2019).

Das Wechselspiel von Photographie und Impressionismus ist jedoch immer noch unzureichend erforscht. Eine neue Kunst. Photographie und Impressionismus im Museum Barberini setzt hier an und beleuchtet mit über 150 Arbeiten, darunter Photographien von Stéphanie Breton, Auguste Hippolyte Collard, Eugène Cuvelier, Louis-Alphonse Davanne, Robert Demachy, Peter Henry Emerson, Gustave Le Gray, Henri Le Secq, Heinrich Kühn, Charles Marville, Constant Puyo, Henry Peach Robinson, Alfred Stieglitz, Carl Teufel und Alphonse Taupin, die Entwicklung des neuen Mediums. Bedeutende Leihgaben steuern die Albertina, Wien, Collection Serge Kakou, Paris, Münchner Stadtmuseum, Musée d'Orsay, Paris, Museum Folkwang, Essen, Photoinstitut Bonartes in Wien, Société Française de Photographie, Paris, Staatliche Museen zu Berlin, die Staatsgalerie Stuttgart und viele weitere Institutionen bei.






  • 12.02.2022 - 08.05.2022
    Ausstellung »
    Museum Barberini »

    Mittwoch, 16. Januar 2019, 10–19 Uhr
    Symposium zur Ausstellung Monet. Orte (29. Februar – 1. Juni 2020)
    Mit: Marianne Mathieu, Musée Marmottan Monet, Paris; Dr. James H. Rubin, Stony Brook University, New York; George T. M. Shackelford, Kimbell Art Museum, Fort Worth; Prof. Dr. Richard Thomson, The University of Edinburgh, Edinburgh College of Art; Prof. Paul Tucker, University of Massachusetts, Boston; Dr. Daniel Zamani, Museum Barberini, Potsdam
    Programm des Symposiums
    Alle Vorträge werden auf Englisch gehalten.
    € 10 / ermä̈ßigt € 8, freier Eintritt für Studierende, Anmeldung erforderlich

    Freitag, 25. Januar 2019, 10–18 Uhr
    Symposium zur Ausstellung Götter des Olymp. Aus der Dresdner Skulpturensammlung (bis 17. Februar 2019)
    Mit Dr. Norbert Eschbach, Gießen; Dr. Stephan Koja, Dresden; Dr. Claudia Kryza-Gersch, Dresden; Dr. Joachim Raeder, Kiel; Prof. Dr. Andreas Scholl, Berlin; Saskia Wetzig, Dresden
    Programm des Symposiums
    € 10 / ermä̈ßigt € 8, freier Eintritt für Studierende, Anmeldung erforderlich



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