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Expressionismus in Kunst und Film

Die Ausstellung Expressionismus in Kunst und Film beleuchtet den Expressionismus über herkömmliche Gattungsgrenzen hinweg. Der ab 1920 aufkommende Stummfilm nimmt zahlreiche Motive expressionistischer Malerei und Grafik auf und bietet der künstlerischen Bewegung damit ein völlig neues Medium. Dabei wird die vorherige Suche der MalerInnen nach der Urkunst bei den sogenannten „Naturvölkern“ - und damit der einer paradiesnahen Kunst – aufgegeben. Stattdessen wandte sich der expressionistische Stummfilm aktuellen gesellschaftlichen Themen zu, verarbeitete etwa Traum und Trauma und veranschaulichte vor allem bei Kriminalfällen die „Grenzbereiche“ der Psyche in einer die Betrachter bewusst schockierenden Weise. Als berühmtestes Produkt des deutschen expressionistischen Films gilt das neue Genre des Horrorfilms. Dazu zählen etwa Das Cabinett des Dr. Caligari (1920) oder Nosferatu, eine Symphonie des Grauens (1922).

Doch am Beispiel von Fritz Langs Meisterwerk der Moderne Metropolis (1927) wird deutlich, dass auch jenseits der Gruselthemen die Motive des Expressionismus geeignet erschienen, das zwiespältige Verhältnis von Mensch und Maschine, von Individuum und Masse zum Ausdruck zu bringen. In gemaltem und bewegtem Bild zeigt die Ausstellung, wie stark der filmische Expressionismus die Krisen seiner Zeit reflektierte und wie er den rasanten gesellschaftlichen Umbrüchen Ausdruck verlieh. Der Expressionismus als kulturrevolutionäre Bewegung war aber auch in Malerei und Grafik von Beginn an bestrebt, Kunst und Leben zu vereinen, die Trennung der Künste aufzuheben. Mehrfachbegabungen wurden zum Ideal der KünstlerInnen und das Gesamtkunstwerk zum angestrebten Ziel.

Als im Jahr 1920 ganz Berlin mit expressionistischen Filmplakaten geschmückt war, auf denen die kryptische Aufforderung „Du musst Caligari werden“ zu lesen war, wurde Kunst und Leben als Realität vereint gesehen und mit dem Film Das Cabinett des Dr. Caligari ein expressionistisches Gesamtkunstwerk erschaffen. Der Film als Medium der 1920er Jahre hat also letztlich das eingelöst, was die expressionistischen MalerInnen fünfzehn Jahre zuvor begonnen hatten. Deshalb war es naheliegend, beide Kunstformen gegenüberzustellen und die engen Beziehungen und Verknüpfungen aufzuzeigen.

Die Ausstellung
Zur Verdeutlichung werden in der Ausstellung den bildlich vorangehenden Motivgruppen aus Malerei und Grafik zwölf Filme in Ausschnitten gegenübergestellt. Diese aufwändige Parallelpräsentation ist neu. Sie eröffnet den Betrachtern die Möglichkeit, die Abfolge von Szenen als ein gekonntes und bewusstes Wechselspiel zwischen Malerei und Film zu begreifen - und zu genießen. Dabei fällt auf, wie stark der frühe deutsche Film der Weimarer Zeit von der expressionistischen Geisteshaltung durchdrungen war – und das nicht nur auf formaler, sondern auch auf inhaltlicher Ebene. Kunst und Film weisen in ihrer Themenwahl erstaunliche Gemeinsamkeiten auf. Es sind die großen gesellschaftlichen Umbrüche und Umwälzungen, denen das Individuum unterlag und aus denen die beiden Künste ihre Themen bezogen.

Die Ausstellung geht entlang der Filme chronologisch vor mit dem Zweck, die Motivübernahmen anschaulich zu machen, aber auch die damalige Umbruchszeit als historische Folie aufzuzeigen. Mit Traum und Trauma wie auch Deformationen werden gesellschaftliche Entwicklungen beschrieben, welche die Menschen durchlebten und die in der Kunst und im Film des Expressionismus widerhallen: Die erste Dekade des neuen Jahrtausends war geprägt von einer allgemeinen Aufbruchsstimmung und der Sehnsucht nach Neuem. Die Menschen strömten in die Stadt, um das beschwerliche Leben auf dem Land hinter sich zu lassen. Die Verheißungen und Möglichkeiten, insbesondere Berlins, versprachen den Menschen ein modernes, luxuriöses Leben mit den verschiedensten Verlockungen.

Viele Träume jedoch wurden von dem „Moloch“ Großstadt zerstört; die Menschen erwachten wieder am Rande der Gesellschaft - im sozialen Abseits.
War die Stadt Sehnsuchtsort der ländlichen Bevölkerung, wurde umgekehrt die Natur zum Paradies der Städter. Die kurz nach 1900 wiedergeborene Idee eines unbeschwerten, von den Naturvölkern der Südsee geprägten Lebens, zog die Menschen an heimische Strände und Seen wie auch in ferne Länder. Luftbäder, Wandern und Zelten avancierten zu Alternativen der Musen der Hochkultur. Diese Bewegung war auch Ausdruck der Suche nach verlorener Einfachheit in einer zwischen dem Standesbewusstsein der Kaiserzeit und der propagierten Klassenlosigkeit hin und her schwankenden deutschen Gesellschaft, die dazu gefangen war in den Fallstricken des auch ökonomischen Überlebenskampfes ab dem Kriegsausbruch im Jahr 1914.

Bereits die Kunst des Fin de Siècle hatte neue medizinische Erkenntnisse aufgegriffen, insbesondere auf dem Gebiet der Psychoanalyse. Das Ohnmachtsgefühl gegenüber dem rasanten gesellschaftlichen Wandel machten psychische Ausnahmeerscheinungen und die innere Zerrissenheit des Individuums so auch zu einem wichtigen Thema des Expressionismus. In den Porträts, den Landschaften und den Stadtansichten der KünstlerInnen spürt man diesen Zerfall des Ich ebenso wie in den Filmen, die sich mehr und mehr mit menschlichen Abgründen beschäftigen. Selbst wenn das Individuum noch dem Traum eines harmonischen Lebens in Einklang mit der Natur nachhängt, treten die Dissonanzen innerhalb der Gesellschaft immer klarer zu Tage. Die Welt scheint aus den Fugen geraten und droht zu zerfallen.






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  • 13.11.2022 - 26.02.2023
    Ausstellung »
    Museum Georg Schäfer »

    Eintrittspreise:
    10 €, ermäßigt 8 €
    (Das Ticket ist an zwei aufeinanderfolgenden Öffnungstagen gültig.)
    Öffnungszeiten: Di 10 – 20 Uhr, Mi – So 10 – 17 Uhr
    An jedem ersten Dienstag im Monat freier Eintritt für das gesamte Haus

     

    Hinweis: Diese Ausstellung ist für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren nicht geeignet.
    Das Kindermuseum im Foyer des Museums zeigt zeitgleich den berühmten Scherenschnitt-Film Die Abenteuer des Prinzen Achmed (1926) von Lotte Reiniger (Dauer 1 h 6 min).



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  • Filmstill: Robert Wiene: Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920; Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden © Courtesy of Friedrich-Wilhelm- Murnau-Stiftung, Wiesbaden / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    Filmstill: Robert Wiene: Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920; Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden © Courtesy of Friedrich-Wilhelm- Murnau-Stiftung, Wiesbaden / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    Museum Georg Schäfer
  • Käthe Kollwitz: Tod packt eine Frau, 1934, Kreidelithographie; Stadtmuseum Tübingen © Courtesy of Stadtmuseum Tübingen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    Käthe Kollwitz: Tod packt eine Frau, 1934, Kreidelithographie; Stadtmuseum Tübingen © Courtesy of Stadtmuseum Tübingen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    Museum Georg Schäfer
  • Lyonel Feininger: Frau mit rotem Haar (Rothaarige Frau), 1927, Öl auf Leinwand; Osthaus Museum Hagen © Courtesy of Osthaus Museum Hagen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen, (Fotograf: Achim Kukulies, Düsseldorf)
    Lyonel Feininger: Frau mit rotem Haar (Rothaarige Frau), 1927, Öl auf Leinwand; Osthaus Museum Hagen © Courtesy of Osthaus Museum Hagen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen, (Fotograf: Achim Kukulies, Düsseldorf)
    Museum Georg Schäfer
  • Christian Rohlfs: Strasse in Soest, 1911, Linolschnitt; Stadtmuseum Tübingen © Courtesy of Stadtmuseum Tübingen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    Christian Rohlfs: Strasse in Soest, 1911, Linolschnitt; Stadtmuseum Tübingen © Courtesy of Stadtmuseum Tübingen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    Museum Georg Schäfer
  • Rudolf Belling: Organische Formen (Schreitender Mann), 1921, Bronze; Osthaus Museum, Hagen © Courtesy of Osthaus Museum Hagen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen, (Fotograf: Foto Kühle, Hagen)
    Rudolf Belling: Organische Formen (Schreitender Mann), 1921, Bronze; Osthaus Museum, Hagen © Courtesy of Osthaus Museum Hagen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen, (Fotograf: Foto Kühle, Hagen)
    Museum Georg Schäfer
  • August Macke: Frauenkopf II, 1913, Kohlezeichnung; Stadtmuseum Tübingen © Courtesy of Stadtmuseum Tübingen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    August Macke: Frauenkopf II, 1913, Kohlezeichnung; Stadtmuseum Tübingen © Courtesy of Stadtmuseum Tübingen / Institut für Kulturaustausch, Tübingen
    Museum Georg Schäfer
  • Lyonel Feininger: Kleinstadt, Sonnenaufgang, 1911, Radierung; Stadtmuseum Tübingen
    Lyonel Feininger: Kleinstadt, Sonnenaufgang, 1911, Radierung; Stadtmuseum Tübingen
    Museum Georg Schäfer