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Caravaggio in

Caravaggio in Holland.

  • Ausstellung
    01.04.2009 - 26.07.2009
    Städel Museum »
Caravaggio in

Jüngst hat das Städel Museum in Frankfurt ein bedeutendes Gemälde des Utrechter Malers Dirck van Baburen aus dem Jahre 1622 erworben, das einen jungen Sänger zeigt, der in virtuoser Weise eine Probe seiner Kunst gibt. Dieses Meisterwerk der Beobachtung wie der Inszenierung steht im Kontext einer ganzen Reihe von eng verwandten Musikantendarstellungen, die alle in den 1620er-Jahren in Utrecht entstanden sind. In diesem Zeitraum war die holländische Stadt geradezu ein künstlerisches Laboratorium, in dem die Maler mit der neuartigen Bilderfindung experimentierten und im Wettstreit miteinander immer wieder neue Lösungen entwickelten. Die drei Großen unter ihnen, Hendrick Terbrugghen, Gerard van Honthorst und Dirck van Baburen, hatten zuvor jeweils fast ein ganzes Jahrzehnt in Rom verbracht, wo sie die Kunst Caravaggios studierten und bald auch mit eigenen Bilderfindungen im Stile des Vorbilds reüssierten.

Dirck van Baburen (um 1595-1624) Singender junger Mann

Die Ausstellung versammelt zum ersten Mal eine umfangreiche und hochkarätige Auswahl von Musikanten- und Bordellbildern dieser sogenannten Utrechter Caravaggisten. Den Werken der Utrechter werden exquisite Gemälde Caravaggios gegenübergestellt, mit denen sich die Maler auseinandersetzten. Caravaggios berühmter „Lautenspieler", die Inkunabel des barocken Musikantenbildes, steht dabei im Mittelpunkt. Museen aus ganz Europa und den USA unterstützen dieses über 40 Werke umfassende Projekt mit wichtigen Leihgaben. Zu den Leihgebern zählen u. a. das Kunsthistorische Museum in Wien, die Alte Pinakothek in München, das Rijksmuseum in Amsterdam, das Centraal Museum in Utrecht und das Museum of Fine Arts in Boston.

Die Ausstellung „Caravaggio in Holland. Musik und Genre bei Caravaggio und den Utrechter Caravaggisten" wird von der Stiftung Flughafen Frankfurt/Main für die Region gefördert. Ein junger Mann hat die Bühne betreten und sich in Pose geworfen. In der Linken hält er das Notenheft, aus dem er rezitiert, die Rechte unterstreicht in theatralischer Geste seinen Gesang. Den Kopf mit dem Federbarett hat er zurückgeworfen, den Betrachter - sein Publikum - aus dem Augenwinkel keck fixierend. Gleißendes Licht fällt auf die entblößte Schulter, die vom Gesang angespannte Halsmuskulatur und das sonnengegerbte Gesicht des Jünglings. Dirck van Baburen, der dieses Gemälde 1622 signierte, führt hier in virtuoser Weise anhand einer einzigen Halbfigur die ganze Klaviatur barocker Theatralik vor. Und doch hält er sich nicht an die Spielregeln des hohen Pathos, bringt Zweideutigkeiten und Brüche ein. Der Musikus ist kein gepflegter Gentleman, der zum abendlichen Vergnügen der feinen Gesellschaft eine Kostprobe seiner Kunst zum Besten gibt. Sein Haar ist wirr, sein Kinn schlecht rasiert, sein Blick fast frech, und die Bräunung seiner Haut verrät, dass er im Freien, unter sengender Sonne, seiner Arbeit nachgeht.

 Mainz, Landesmuseum, Ursula Rudischer

Dieses Meisterwerk, das Ende 2007 von der Kulturstiftung der Länder, der Hessischen Kulturstiftung und dem Städelschen Museums-Verein für das Städel erworben wurde, ist eines der eindrucksvollsten Beispiele der äußerst beliebten Musikantendarstellungen, die in Utrecht in den 1620er-Jahren entstanden sind. Die große Menge der erhaltenen Werke dieses Themenfeldes lässt darauf schließen, dass die Auftraggeber den Künstlern die Bilder förmlich aus den Händen gerissen haben müssen. Neben Dirck van Baburen (um 1595-1624) waren es vor allem seine beiden Utrechter Malerkollegen Hendrick Terbrugghen (1588-1629) und Gerard van Honthorst (1592-1656), die dieses Genre geprägt und zur Perfektion gebracht haben. Ihr virtuoses Spiel mit dem Hell-Dunkel, die dramatischen Lichteffekte, aber auch ihr kalkulierter Bruch mit dem „Decorum", den Gesetzen des Schicklich-Angemessenen, denen sie sich widersetzten, indem sie Modellen niedriger Herkunft Bildwürdigkeit zuerkannten - all dies verdankt sich einem großen Vorbild im fernen Italien: Caravaggio, der seinen holländischen Nacheiferern den Namen „Utrechter Caravaggisten" eintrug. Tatsächlich haben Terbrugghen, Honthorst und Baburen jeweils rund ein Jahrzehnt in Rom gearbeitet und dort die Auseinandersetzung mit der Kunst Caravaggios und der Maler seines Umfeldes gesucht.

Caravaggio hatte mit dem berühmten „Lautenspieler", der zu den Glanzstücken der Ausstellung zählt, die Inkunabel des barocken Musikantenbildes geschaffen, die bei den Malern seiner Nachfolge begeisterte Aufnahme fand. Darüber hinaus setzte auch Caravaggios neuartiger Stil Maßstäbe für eine ganze Künstlergeneration.

 Kusnstmuseum Basel, Martin P. Bühler

Körperlichkeit und Beseeltheit der Figuren haben in seiner Malerei in vorher ungekannter Weise Ausdruck gefunden. Caravaggios beinahe aggressive, spotartige Beleuchtung, die einzelne Bildgegenstände dem tiefen Dunkel des sie umgebenden Raumes enthebt, und die ausgeprägte Nahsichtigkeit der Szenen, die distanzlos vor das Auge des Betrachters gerückt erscheinen, bewirken eine greifbare Plastizität der Körper, die von der Tiefe des Bildraumes unabhängig ist. Lichtregie und Nahsichtigkeit tragen aber auch zur Charakterzeichnung der Figuren und zur Aufladung der Szenen mit Dramatik und Pathos, Brutalität und religiöser Inbrunst, Erotik und Ironie bei.


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  • Dirck van Baburen (um 1595-1624) Singender junger Mann, 1622 Öl auf Leinwand, 71 x 58,8 cm
Städel Museum, Frankfurt am Main Foto: Städel Museum
    Dirck van Baburen (um 1595-1624) Singender junger Mann, 1622 Öl auf Leinwand, 71 x 58,8 cm Städel Museum, Frankfurt am Main Foto: Städel Museum
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  • Dirck van Baburen (um 1595-1624) Lockere Gesellschaft, 1623 auf Leinwand, 110 x 154 cm
Mainz, Landesmuseum Foto: Mainz, Landesmuseum, Ursula Rudischer
    Dirck van Baburen (um 1595-1624) Lockere Gesellschaft, 1623 auf Leinwand, 110 x 154 cm Mainz, Landesmuseum Foto: Mainz, Landesmuseum, Ursula Rudischer
    Städel Museum
  • Hendrick Terbrugghen (1588-1629) Mädchen mit einem Textblatt, 1628 Öl auf Leinwand, 78,5 x 65,5 cm
Basel, Kunstrmsueum Foto: Kusnstmuseum Basel, Martin P. Bühler
    Hendrick Terbrugghen (1588-1629) Mädchen mit einem Textblatt, 1628 Öl auf Leinwand, 78,5 x 65,5 cm Basel, Kunstrmsueum Foto: Kusnstmuseum Basel, Martin P. Bühler
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