Kubismus
DYNAMIK! Kubismus / Futurismus / KINETISMUS
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Ausstellung10.02.2011 - 29.05.2011
Die Suche nach den „Gesetzen des Geistigen“, einer neuen Spiritualität, spielte in Wien um 1900 eine wichtige Rolle. Nach 1918 hatte Rudolf Steiners anthroposophische Weltanschauung Hochkonjunktur. Sie inspirierte Künstler wie Johannes Itten, Wassily Kandinsky oder František Kupka. Itten hatte sich schon während seiner Wiener Jahre mit fernöstlichen Religionen und der Theosophie beschäftigt. Er systematisierte seine Suche nach dem rein Geistigen in seinen Theorien zu Farbentypenlehre und Bildanalyse. Der Gedanke der Durchdringung von Mensch und Kosmos spielte in den künstlerischen Theorien jener Zeit eine wesentliche Rolle. So zeigen die unterschiedlichen hier vorgestellten Tierbilder, wie sich in dieser Zeit Künstler diesem Thema widmeten. Itten abstrahierte sein Vogelthema auf Kreis und Dreiecksformationen. Es ging ihm nur noch darum, „Gedankenkonzentrationen darstellen zu wollen“. Franz Marc sah in der unbewussten Kreatürlichkeit des Tieres eine bessere Welt vorformuliert. Erika Giovanna Kliens und Fortunato Deperos Bilder lenkten auf das Mysterium der Komplexität der Bewegungsabläufe des Vogelflugs. Kliens Lehrer Franz Cizek stellte fest, dass „in der Natur die äußere Form immer eine Konsequenz innerlich waltender Gesetze sei“. Gleiches könnte man von Romolo Romanis Bild Tropfen, die auf Wasser fallen behaupten. Es zeigt die Durchdringung von empirisch-wissenschaftlicher Annäherung und Mystifizierung eines komplexen Naturphänomens.
Konstruktive Tendenzen – Die Avantgarde organisiert
sich Wichtiges Zentrum für die Künstler des Wiener Kinetismus war das Ausstellungslokal der Künstlergruppe Bewegung (später Freie Bewegung), einer unabhängigen Vereinigung. Bereits in der ersten Schau 1918 wurden neben Alfred Kubin tschechische Künstler gezeigt. Tschechischer Kubismus von Emil Filla, Antonín Procházka, Otto Gutfreund und Vincenc Beneš war zudem nach 1923 in Ausstellungen des Hagenbunds in Wien zu sehen. Einen wesentlichen Beitrag zur Kunstszene in Wien lieferte die Ausstellung von Werken Johannes Ittens 1919, die auch bei Franz Cizeks Studenten Wirkung hinterließ. Ab 1920 diente die Freie Bewegung der nach Wien emigrierten ungarischen Avantgarde um Lajos Kassák, Béla Uitz und Sandor Bortnyik zur Propagierung ihrer künstlerischen Ideen. Kassák strebte einen reinen Konstruktivismus an und trug deshalb zu einer Rezeption konstruktivistischer Tendenzen bei. Am 13. November 1920 veranstaltete die ungarische MA-Gruppe (benannt nach der Zeitschrift MA = „Heute“) einen Abend über russische Kunst, an dem Konstantin Umanskij einen Diavortrag über die Neue Kunst in Russland hielt. Er zeigte Werke, die sich mit dem Thema der Dynamik im Bild auseinandersetzten, darunter Bilder von Alexandra Exter, Ivan Kljun, El Lissitzky, Ljubov Popova und Alexander Rodtschenko. Die im Zuge der Internationalen Ausstellung in der Secession 1924 veranstaltete Russische Kulturwoche brachte den russischen Konstruktivismus einem breiteren Publikum näher. Von all diesen Einflüssen konnten auch die Wiener Kinetisten profitieren.
Licht- und Kristallmetaphorik
Der Kristall erlangte vor allem im deutschen Nachkriegsexpressionismus als Kunstsymbol geradezu leitmotivische Bedeutung. In der Architektur nach 1918 entwickelten sich Glas und Kristall – Materie von mit hellen, klaren, reinen, transparenten Eigenschaften – zu magischen Symbolen des euphorischen Fortschrittsglaubens. Bruno Taut hatte sich mit seinem berühmten Glashaus 1914 auf der Kölner Werkbundausstellung als Verfechter der progressiven modernen Architektur exponiert. Sein Credo galt dem modernen Baustoff Glas, Tauts „Kristall“. Die „kristalline“ Gotik, ein damals in der Kunstwissenschaft aktueller Terminus, war für viele ein Faszinosum. Franz Cizek kannte Tauts Glashaus aufgrund der Teilnahme seiner Schüler an der Kölner Ausstellung. Er ließ seine Studenten in der Abteilung Ornamentale Formenlehre mit Glasprismen experimentieren, um komplexe Raumdarstellungen bildnerisch umzusetzen. Die Idee des Kristallinen wurde aber auch für die Darstellung von organischen Wachstumsprozessen verwendet. Cizek deutete den böhmischen Diamanten, wie der Kristall auch genannt wurde, als Symbol für gesellschaftlichen Konsens, der sich auf religiöse Überzeugung gründet.
Die Erneuerung der Kunst aus der Lehre
Einen wichtigen Impuls für die Abstraktion in Wien lieferte die Präsenz Johannes Ittens –eines ehemaligen Schülers des Wegbereiters der Moderne Adolf Hoelzel – durch seine private Malschule sowie durch Ausstellungen und Vorträge z. B. an der Wiener Universität. Adolf Loos verschaffte Itten in den Räumen der Freien Bewegung in der Kärntnerstraße seine erste Einzelausstellung. Es gab sogar Anstrengungen, Itten für die Kunstgewerbeschule zu gewinnen. Schließlich entschied er sich aber, die Einladung von Walter Gropius ans Bauhaus anzunehmen. Einige seiner Wiener Schüler, wie Friedl Dicker, Franz Probst, Franz Scala, Franz Singer und Gyula Pap, folgten ihm. Durch sie entstand ein Ideenaustausch zwischen Weimar und Wien. Franz Cizek war mit dem Werk Ittens vertraut, und die zeitgleiche Erneuerung der Kunstlehre einte die beiden Persönlichkeiten. Abstraktion – im Sinne der Umsetzung geistiger Kräfte – und das Rhythmisieren der elementaren Gestaltungselemente sind jene zwei Komponenten, die Itten und Cizek offensichtlich miteinander teilten.
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