Film, Video und Performance
Javier Tellez
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Ausstellung31.10.2014 - 04.01.2015
In einer Überblicksausstellung, die vom 31. Oktober 2014 bis 4. Januar 2015 im Kunsthaus Zürich zu sehen ist, thematisiert der venezolanische Künstler Javier Téllez Fragen von «Normalität» und «Anderssein». Für seine Werke arbeitet er eng mit gesellschaftlichen Minderheiten zusammen, wie Patienten in psychiatrischen Kliniken, Behinderten oder Flüchtlingen. Die Ausstellung «Shadow Play» zeigt eine repräsentative Auswahl von Téllez‘ Filminstallationen der letzten 10 Jahre sowie zwei neue Werke, welche in Zürich Premiere feiern.
Javier Téllez wurde 1969 in Valencia, Venezuela, geboren. Er lebt in New York und hat sich mit Beteiligungen an wichtigen internationalen Gruppenausstellungen wie der documenta 13 einen Namen gemacht. Die von Mirjam Varadinis kuratierte Ausstellung im Kunsthaus Zürich ist die erste Einzelausstellung des Künstlers in einer grösseren Schweizer Institution und zeigt sechs Filminstallationen.
NEUE FILMARBEITEN EXKLUSIV IM KUNSTHAUS
Zwei Werke sind speziell fürs Kunsthaus entstanden und feiern hier Premiere: «Shadow Play» (2014), das der Ausstellung ihren Namen gibt und «Bourbaki Panorama» (2014). Wie immer in Téllez‘ Arbeit geht es auch in diesen neuen Werken darum, Menschen eine Stimme und Sichtbarkeit zu verleihen, die sonst am Rande der Gesellschaft stehen. «Nach meiner Ausbildung zum Filmemacher habe ich mich entschieden, nicht meine eigenen Geschichten zu erzählen, sondern jene anderer Menschen – und zwar solcher, die sonst nicht gehört werden», sagt Téllez dazu. Nachdem der Künstler in den letzten Jahren öfters mit Patienten aus psychiatrischen Kliniken zusammengearbeitet hat, wendet er sich in seinen neuesten Arbeiten Flüchtlingen zu. Noch nie seit dem Ende des 2. Weltkrieges waren so viele Menschen auf der Flucht wie jetzt. In «Bourbaki Panorama» geht es um die humanitäre Tradition der Schweiz im Verhältnis zur aktuellen politischen Lage, aber auch ganz grundsätzlich um die Themen Krieg, Flucht und das Leben im Exil. Mit dem 35mm-Film ohne Ton schafft Téllez ein eindrückliches Bild für das existentielle Ausgesetzsein der Flüchtlinge, verbindet den sozial-politischen Inhalt aber erneut mit film- und kunstgeschichtlichen Referenzen. Neben einer Gruppe heute in der Schweiz lebender Flüchtlinge spielen in dem Werk Alberto Giacomettis berühmte Skulptur «La Main» (1947) sowie das Bourbaki-Panorama in Luzern die Hauptrollen. Giacometti schuf «La Main» in Erinnerung an einen abgetrennten Arm, den der Künstler während des Krieges auf der Strasse hatte liegen sehen. Und das 1881 entstandene und später nach Luzern transferierte Bourbaki-Panorama war für das Selbstverständnis der Schweiz als Land mit einer starken humanitären Tradition ganz wichtig. Das über 100 Meter lange Historienbild zeigt den Rückzug der geschlagenen Bourbaki-Armee in die Schweiz. Als Panorama war es sozusagen ein Vorläufer des Kinos, da es den Betrachtern das Gefühl gab, mitten im realen Geschehen zu sein - für Téllez die ideale Reverenz zum Medium Film, die seine Werke auszeichnet.
Wie schon in früheren Werken, war es für Téllez auch in seinen neuen Filmarbeiten wichtig, die Menschen, mit denen er zusammenarbeitet in den künstlerischen Prozess miteinzubeziehen. Er lud die Flüchtlinge ein, ihre eigenen Geschichten zu erzählen, und zwar nicht mit Worten sondern als Schattentheater – und so entstand «Shadow Play». Zu sehen sind kurze Bild-Geschichten, die von Flucht, Angst, Kontrolle oder Gefangensein erzählen und dabei erneut wieder in einen Dialog mit Giacometti treten.
VIER FILMARBEITEN AUS DEN LETZTEN ZEHN JAHREN
Die neusten zwei Werke von Téllez stehen im Zentrum der Ausstellung und werden von vier Filmarbeiten aus den letzten zehn Jahren, die in den anschliessenden Räumen gezeigt werden, umrahmt. Dazu gehört «Caligari und der Schlafwandler» (2008), das in Zusammenarbeit mit einer Berliner Psychiatrie-Einrichtung entstanden ist. Javier Téllez lud die Patienten ein, sich «Das Cabinet des Dr. Caligari» (1920) von Robert Wiene anzuschauen und sich eine neue Fassung dieses Stummfilms vorzustellen, mit dem Einsteinturm als Kulisse. Wienes Klassiker ist einer der ersten Filme, in dessen Zentrum psychische Erkrankungen stehen. Daneben ist «Letter on the Blind, For the Use of Those Who See» (2007) zu sehen, ein Film, der seinen Titel aus dem Werk Diderots «Lettre sur les aveugles à l’usage de ceux qui voient» (1749) ableitet. Darin erzählt der französische Philosoph das Leben eines blinden Mathematikers und stellt Überlegungen dazu an, wie menschliche Vernunft und das über die Sinne gewonnene Wissen zusammenhängen. Téllez‘ Film basiert auf einer indischen Parabel, in der sechs blinde Männer, die niemals einen Elefanten gesehen haben, eingeladen werden, diesen an jeweils unterschiedlichen Stellen zu berühren und ihre dabei empfundenen Eindrücke zu beschreiben. Die Beschreibungen und Deutungen des Erfahrenen liegen weit auseinander, was zeigt, dass die Wirklichkeit nicht objektiv ist, sondern subjektiver Wahrnehmungen entspringt. Für die documenta 13 entstand «La Conquista de México» (2012). Der Film ist inspiriert von der legendären Mexikoreise des französischen Dichters, Dramatikers, Theaterregisseurs und Stückeschreibers Antonin Artaud und seinen Aufzeichnungen für ein Stück mit dem Titel «The Conquest of Mexico» (1934). Daneben ist der Film «O Rinoceronte de Dürer» (2010) zu sehen. Zusätzlich gibt Javier Téllez Einblick in seinen Schaffensprozess, indem er eine Auswahl von Referenzmaterialien, die für die Realisierung der gezeigten Filme wichtig waren, mit in die Ausstellung integriert.
Unterstützt durch die artEDU Stiftung und die Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung.
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31.10.2014 - 04.01.2015
Öffnungszeiten:
Sa/So/Di 10–18 Uhr
Mi–Fr* 10–20 Uhr
*Ab 14. Januar 2014: Fr 10–18 Uhr
Gruppen und Schulklassen nur gegen Voranmeldung
Tel. +41 (0)44 253 84 84
Erwachsene: CHF 20.–/15.– (reduziert)
Gruppen ab 20 Pers.: CHF 15.–