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Wien

Martina Pippal „intensiv“

Wien

Intensive Malerei Der Titel der Ausstellung ist Programm: Die neuen Bilder von Martina Pippal, in Öl auf Leinwand ausgeführt, sind großformatig, stark farbig und bezeugen eine eingehende Auseinandersetzung mit der Natur.

Blumenmalerei – ein Frauenthema? Blumen – ja im konkreten Fall: Rosen – darzustellen, erscheint für eine Künstlerin von Heute gewagt, waren die Künstlerinnen bis ins 20. Jahrhundert doch geradezu verurteilt, Pflanzen zu malen, da ihnen der Weg zum Historienbild, das gemeinhin als die Arkandisziplin der Malerei galt, doch versperrt (weil Frauen nicht an den Kunstakademien studieren und sich damit weder im Aktstudium noch in der Wiedergabe des Raumes ausbilden lassen konnten). Heute sind diese Hindernisse aus dem Weg geräumt. Damit ist die Pflanze als Thema wieder aus freien Stücken wählbar. Auch und gerade für eine Frau.

Grüne Malerei in Rot
Die Natur ist heute bedroht wie noch nie, bedroht durch den Menschen, d. h.: seine Zivilisation. Sich der Natur, etwa dem Überlebenskampf der Pflanzen, zuzuwenden, ist damit in neuer Weise aktuell. Martina Pippals Thema ist die Kraft, die den Pflanzen eigen ist. Sie macht die Dynamik des Wachsens spürbar. Ihre Bilder zu betrachten und zu verstehen, bedeutet, an dieser Kraft zu partizipieren.

Urformen der Kunst?
Lange Zeit galt die stilisierende Darstellungsform, die das in der Natur Vorgefundene reduziert und eventuell mit Expression auflädt, als die Urform. Afrikanische Kunst oder die Malerei von Kindern wurden als Zeugen hierfür aufgerufen. Nur stilisierendes, eventuell expressives Darstellen galt als authentisch; lange wurde angenommen, zu einer genauen Naturbeobachtung und detaillierten Wiedergabe von Formen, Farben, Materialien etc. sei man erst nach und nach gelangt (in der Klassischen Kunst Griechenlands und im Hellenismus, später neuerlich in der italienischen Renaissance etc.). Rezente Funde von Höhlenmalereien (z.B. in Chauvet) belegen indes, dass die ältesten Zeugnisse von Malerei naturalistisch sind. Nicht nur die äußeren Formen, sondern auch die Bewegungen von Tieren wurden schon vor 35 000 Jahren genau beobachtet und mittels Malerei „eingefangen“, vielleicht aus dem Wunsch heraus, die Kraft der Tiere zu bändigen, ja zu bannen. Die Malerei mag weiters Mittel gewesen sein, in den Rhythmus der Natur hineinzufinden, wie das auch durch rituelle Tänze durchgeführt worden sein mag. Mit Fug und Recht ist heute zu sagen: die naturalistische Malerei ist die Urform der Kunst.

Die Ordnung der Dinge
Indem Martina Pippal ihre neuesten Werke bei Galerie Szaal ausstellt, tritt sie als Künstlerin und Kunsthistorikerin in einen Diskurs ein mit Werken der Romantik, die u.a. einen Schwerpunkt dieser Galerie bilden. Kaum eine kulturgeschichtliche Periode wird sosehr missverstanden wie jene, welche die Spanne vom Ende des 18. Jahrhunderts bis tief ins 19. Jahrhundert, ja bis ins frühe 20. Jahrhundert bestimmt hat. Tatsächlich ist die Romantik nicht Weltflucht, sondern Weltsucht: genaue Beobachtung des Sichtbaren (vor allem der Formen und Farben der Natur), verbunden mit der Sehnsucht, die Welt zu verstehen. Sich-Einfügen in die Ordnung des Makrokosmos versprach, mit diesem eins zu werden und damit – endlich – Frieden zu finden. Eben weil sie verstehen wollte, war die Romantik die legitime Erbin der Aufklärung. Nicht ihre Antipodin. Romantische Kunst (auch Literatur und Musik) muss die BetrachterInnen von daher logischer Weise auch mit der landläufig als abgründig oder bedrohlich empfundenen Dimension des Lebens, mit der Vergänglichkeit, konfrontieren.

Metamorphosen
Thema der Bilder von Martina Pippal ist nicht nur die Autopoiesis (Selbsterschaffung und -erhaltung) der Natur, sondern auch ihre durch äußere Umstände und innere Notwendigkeit bedingte, unablässig in allem Lebendigen stattfindende Transformation. Denn gerade dieser permanenten Metamorphose verdanken Pflanzen ihre immer neuen Schönheiten. Um Schönheit zu sehen und als solche zu empfinden, ist Kunst unabdingbar. Es ist die Kunst, die ständig unser Schönheitsverständnis formt und weitet. Die Kunst der Moderne tut dies, nicht indem sie zudeckt, sondern indem sie Spreu vom Weizen trennt, Unnötiges von Bord fegt und die Schönheit aus dem Notwendigen ableitet. Martina Pippals Bilder sind von daher Dialoge zwischen einer präzisen, von der Aufklärung herleitbaren Naturbeobachtung und einer Ästhetik, die durch die abstrakte Kunst der Moderne geprägt ist.

Zoom, Unschärfe und die Aura der Malerei
Martina Pippal geht an das Dargestellte ganz nahe heran, stellt es (als wäre sie selbst ein Insekt) übergroß dar, richtet den Blick auf einzelne Teile und lässt anderes – unscharf – außerhalb des Focus. Innerhalb des Bildes wechselt so Information mit dem bewussten Aussparen von Mitteilung. Das gibt Raum für Interpretation. Damit tritt hier das Prinzip des „Incantesimo“ (wörtlich: „Zauber“), der die Renaissancemalerei seit Leonardo da Vinci prägte, in einer zeitgemäßen Form auf. Dem Blowup, der Schärfe und der Unschärfe eine Aura zu verleihen, bedarf es aber der Malerei, die eben diese Strahlkraft der Rolle verdankt, die sie durch Jahrhunderte gespielt hat und die ihr nun in der Postmoderne auf der Basis intensiver Reflexion wieder anvertraut wird. Und aus einer poststrukturalistischen Perspektive kann sich diese Malerei auch an das Thema „Rose“ wieder heranwagen.

Martina Pippal lebt und arbeitet als Künstlerin und Kunsthistorikerin in Wien. http://martinapippal.at/ http://wissenschaft.martinapippal.at/

Der Verkauf der Gemälde erfolgt durch Galerie Szaal. szaal.at








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  • Rose No 1: Martina Pippal: “Rosen No 1”. Öl auf Leinwand, signiert, 2008, 90 x 160 cm
    Rose No 1: Martina Pippal: “Rosen No 1”. Öl auf Leinwand, signiert, 2008, 90 x 160 cm
    Galerie Szaal
  • Foto kl.: Martina Pippal (© Claudio Alessandri, Wien)
    Foto kl.: Martina Pippal (© Claudio Alessandri, Wien)
    Galerie Szaal