Design
Schrill Bizarr Brachial. Das Neue Deutsche Design der 80er Jahre
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Ausstellung17.10.2014 - 01.02.2015
In den 80er Jahren machten in den deutschen Großstädten Künstler und Designer mit schrillen, bizarren, brachialen, ironischen und zum Teil kitschigen Möbeln und Objekten Furore. Die Bewegung, die Neues Deutsches Design genannt wurde, stand ähnlich wie die Neue Deutsche Welle oder der Neue Deutsche Film für einen radikal neuen Ansatz: Design außerhalb des Systems der industriellen Produktion und gespeist aus allen möglichen kulturellen und subkulturellen Quellen. Zum ersten Mal blickt nun eine groß angelegte Ausstellung mit historischem Abstand zurück auf dieses Phänomen, das nur eine kurze Hochphase hatte: von 1982, als in Hamburg eine erste Ausstellung mit dem Titel „Möbel perdu – Schöneres Wohnen“ stattfand, bis zur Wiedervereinigung. Das Neue Deutsche Design ist deshalb auch ein Zeitdokument für ein Deutschlandbild, wie es heute nicht mehr existiert, und eine der letzten großen kulturellen Leistungen der alten Bundesrepublik.
Eine junge Generation von Gestaltern hatte unabhängig voneinander Anfang der 80er Jahre in der ganzen Bundesrepublik und in West-Berlin damit begonnen, grundlegend mit der Tradition der „Guten Form“ zu brechen. Vom Deutschen Werkbund vor dem Ersten Weltkrieg begründet, vom Bauhaus meisterhaft exerziert und nach dem Zweiten Weltkrieg von der Hochschule für Gestaltung Ulm zur Perfektion gebracht, hatte das deutsche Design unter den Schlagworten „die Gute Form“ oder „die Linie der Vernunft“ einen ganz eigenen Designansatz geprägt, der mit Rationalität und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußend nach einer sachlichen, unemotionalen und möglichst effizienten Gestaltung für die Dinge suchte. Mit der 68er-Bewegung und den gesellschaftlichen Veränderungen, die die sozialliberale Koalition in den 70er Jahren angestoßen hatte, war diese auf Rationalität und industrielle Fertigung fixierte Designhaltung in die Krise geraten. Nun sollten die Möbel und Objekte Geschichten erzählen, die gesellschaftliche Situation reflektieren, oder zum Nachdenken über das deutsche Selbstverständnis anregen. Sie durften, wie Christian Borngräber formulierte, den Sehnerv verletzten, nicht jedoch das Sitzfleisch. Bei Schulz-Pilaths Tisch Tarantula krabbelt eine Spinne durchs Wohnzimmer, mit Stilettos Consumer´s Rest Lounge Chair sitzt man in einem transformierten Einkaufswagen, mit der Stehleuchte A59 holt Volker Albus die Autobahn in die Wohnung, die Gruppe Kunstflug verbindet Natur und Künstlichkeit in ihren Baumleuchten und mit dem Beistelltisch Pershing domestiziert Herbert Jakob Weinand den Kalten Krieg.
„Schrill Bizarr Brachial. Das Neue Deutsche Design der 80er Jahre“ zeigt etwa 80 der wichtigsten Entwürfe des Neuen Deutschen Designs, darunter Möbel und Objekte von Stiletto, Volker Albus, Heinz Landes, Andreas Brandolini, Wolfgang Flatz, Axel Kufus, Jasper Morrison und der Gruppen Möbel perdu aus Hamburg, Kunstflug aus Düsseldorf, Pentagon aus Köln, Ginbande aus Frankfurt sowie Bellefast und Cocktail aus Berlin. Auch einige historische Ausstellungsinszenierungen konnten rekonstruiert werden, etwa das „Deutsche Wohnzimmer“ von Brandolini für die Documenta 8 oder ein Ensemble der Hamburger Galerie Möbel perdu. Zu sehen sind außerdem einige Stücke aus der Ausstellung „Kaufhaus des Ostens“, die 1985 schon einmal an diesem Ort präsentiert wurde – in den Räumen des Deutschen Werkbunds im heutigen Bröhan-Museum. Die Ausstellung macht die Entwürfe der diversen Künstler, Designer und Designgruppen wieder sichtbar und wirft einen neuen Blick auf diese Strömung der 80er Jahre.
Die Ausstellung wurde gefördert durch die IKEA Stiftung. Medienpartner: Wall AG, domus, zitty, [030] Magazin Berlin, 88,8 radioBERLIN.
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* 1934 in Wien (Österreich), † 2014 in Wien (Österreich) Architekt, Theoretiker,...
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17.10.2014 - 01.02.2015
Kuratoren der Ausstellung: Dr. Tobias Hoffmann und Alexandra Panzert M.A.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Corinna Päpke M.A.
Öffnungszeiten: Di bis So von 10 bis 18 Uhr und an allen Feiertagen
Eintritt: 8,- €, erm. 5,- €
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Wienand Verlag, 240 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen, Preis: 28,- € an der Museumskasse