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Literaturmuseum

Österreichische Nationalbibliothek eröffnet neues Literaturmuseum

Literaturmuseum

Im Durchgang durch die Regalreihen, die immer wieder neue Aus- und Einblicke eröffnen, entfaltet sich dann Stück für Stück das ganze Panorama der österreichischen Literatur. Durch die Verschränkung biografischer, chronologischer und thematischer Kapitel wird deutlich, welche SchriftstellerInnen innerhalb der jeweiligen Grenzen Österreichs Relevanz hatten, was historische Zäsuren wie die Aufklärung, das Ende der Habsburgermonarchie, die 1920er Jahre und der Bürgerkrieg, die zwei Weltkriege oder gegenwärtige Entwicklungen für das Schreiben bedeuten und welche Themen und Aspekte österreichische Literatur auszeichnen: Das Verhältnis von Provinz und Metropole etwa, von Literatur und Engagement, Fremdheit und Identität, die Verbindung zur Musik oder zur bildenden Kunst, der Einsatz von Groteske, Satire und Polemik, aber auch das Beharren auf der weit ausholenden großen Erzählung. Robert Musil ist hier ein Paradebeispiel und folgerichtig sind auch Entwurfsblätter zu „Der Mann ohne Eigenschaften” zu sehen – einige von mehr als 10.000 Manuskriptseiten.

Doch was ist überhaupt „typisch österreichisch”? Zu allen Zeiten haben sich die LiteratInnen des Landes diese Frage gestellt, von Marlene Streeruwitz bis Ödön von Horváth, von Thomas Bernhard bis Gerhard Rühm, von Franz Grillparzer bis Doron Rabinovici – ihre Antworten und jene weiterer AutorInnen kann man in einem eigenen Hörraum teilweise sogar im Original nachhören.

650 Exponate, die Literaturgeschichte geschrieben haben Friedrich Achleitner, Ilse Aichinger, Peter Altenberg, H.C. Artmann, Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Heimito von Doderer, Marie von Ebner-Eschenbach, Erich Fried, Arno Geiger, Elfriede Gerstl, Maja Haderlap, Peter Handke, Josef Haslinger, Marlen Haushofer, Hugo von Hofmannsthal, Ödön von Horvath, Ernst Jandl, Elfriede Jelinek, Gert Jonke, Franz Kafka, Michael Köhlmeier, Karl Kraus, Friederike Mayröcker, Helmut Qualtinger, Christoph Ransmayr, Kathrin Röggla, Joseph Roth, Gerhard Rühm, Robert Schindel, Brigitte Schwaiger, Adalbert Stifter, Georg Trakl, Peter Turrini, Franz Werfel, Josef Winkler, Max Zweig – diese und viele weitere SchriftstellerInnen sind mit herausragenden Objekten, spannenden O-Tönen oder beeindruckenden Fotografien im Literaturmuseum zu erleben.

Sie alle zeigen, dass Literatur mehr ist, als zwischen zwei Buchdeckel passt. Eines von vielen Highlights unter den insgesamt rund 650 im Museum präsentierten Exponaten ist etwa ein handschriftlicher Entwurf Franz Kafkas für seinen unvollenendeten Roman „Der Verschollene”, der später unter dem Titel „Amerika” veröffentlicht wurde. Es ist das einzige sich in Österreich befindende Manuskript des Prager Autors. Nicht weniger bedeutend: die großformatigen Konstruktionsskizzen Heimito von Doderers zu seinen Klassikern „Die Strudlhofstiege” und „Die Dämonen”. Wie detailgenau und umfassend LiteratInnen Welten im Kopf entstehen lassen, das veranschaulicht ein weiterer Höhepunkt der Ausstellung: Das „Rosenhaus” bildet in Adalbert Stifters Roman „Der Nachsommer” (1857) den Mittelpunkt des Geschehens. Es ist so genau beschrieben wie kaum eine andere literarische Baufantasie – eine Genauigkeit, die einen exakten Nachbau ermöglichte. So wird im Literaturmuseum aus den Gedanken des Schriftstellers ein reales Modell im Maßstab 1 : 200. Präzise war auch das Denken Ludwig Wittgensteins. Er ist nicht nur einer der bedeutendsten österreichischen Philosophen, sondern auch einer der wichtigsten Vertreter der Sprachphilosophie – weswegen er in einem Museum für Literatur nicht fehlen darf. Die handschriftliche Urfassung von Wittgensteins Opus Magnum „Philosophische Untersuchungen” von 1936 ist erstmals öffentlich zu sehen. Aus den kühlen Höhen wissenschaftlicher Abstraktion zu poetischen Gefühlswelten führt schließlich ein weiteres eindrucksvolles Original: Der Entwurf eines Liebesbriefs von Ingeborg Bachmann an Paul Celan. Es ist eines der berührendsten Dokumente des Museums: „Ich müsste kommen, Dich ansehen, Dich herausnehmen, Dich küssen und halten, damit Du nicht fortgleitest”, schreibt Bachmann und Celan antwortete mit zwei Gedichten – auch sie sind ausgestellt – und den Worten: „Für Dich, Ingeborg, für Dich - - ”.

Literaturgeschichte vermitteln, Gegenwartsliteratur live erleben Das Literaturmuseum ist ein lebendiger Ort der Auseinandersetzung mit Literatur. Deshalb bietet es im 1. und 2. Stockwerk nicht nur eine abwechslungsreiche Dauerausstellung, ab 2016 wird im 3. Stockwerk auch die erste Wechselausstellung zu sehen sein, bei der zehn AutorInnen sich selbst und ihr Schreiben vorstellen.
Darüber hinaus ist ein vielfältiges und attraktives Vermittlungs- und Veranstaltungsprogramm geplant. Die eigens für das Literaturmuseum entwickelten „Wortwelten” ermöglichen SchülerInnen von der 7. bis zur 12. Schulstufe einen altersgerechten und lebensnahen Zugang zur Literatur und zum Schreiben: Thematische Führungen durch das Museum stehen dabei auf dem Programm, Schreibwerkstätten sowie Gespräche mit AutorInnen wie Renate Welsh oder Michael Stavaric. Auch außerhalb der „Wortwelten” können Schulklassen oder Jugendgruppen jederzeit Termine für didaktisch aufbereitete Besichtigungen vereinbaren. Aber auch erwachsene Literaturbegeisterte kommen nicht zu kurz: Gruppen können sich von ausgebildeten Guides durch die Welt der Literatur führen lassen oder als Einzelpersonen an jedem Donnerstag um 18 Uhr an einer öffentlichen Führung teilnehmen.








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  • Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger und Museumsdirektor Dr. Bernhard Fetz Eingangsportal des Literaturmuseums
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