Buchrestaurator Gerit Depping auf den Kunst- und Antiquitäten-Tagen

Münster. Mit einer Bürste streicht Gerit Depping vorsichtig über die Seite einer Graduale. Kleine Staubwölkchen steigen aus dem jahrhundertealten Buch mit lateinischen Messgesängen auf. Der Buchrestaurator aus Münster zeigt auf einige dunkle Flecken: "Kerzenwachs", stellt er fest. Ein Beleg dafür, dass das Werk aus dem Jahr 1536 in vielen Gottesdiensten direkt neben den Altarkerzen aufgeschlagen lag.

Solche kleinen Geschichten entlockt Gerit Depping immer wieder den ihn anvertrauten Objekten: Büchern aus vielen Epochen, von seltenen Inkunabeln aus dem 15. Jahrhundert über Lexika, die das Wissen des 19. Jahrhunderts zusammentragen, bis hin zu modernen Bildbänden. Die Kunst eines Buchrestaurators zeigt er auf den Kunst- und Antiquitäten-Tagen vom 18. bis 21. Februar in Münster, Messe und Congress Centrum Halle Münsterland.

Erstmals gehört die Buchbinderei Norbert Depping zu den 80 Ausstellern der Messe. Bereits zum 34. Mal dürfen Kunstfreunde eine reiche Auswahl an antiken Möbeln, Schmuck, Gemälden, Druckgrafiken und Zeichnungen aus vier Jahrhunderten erwarten. Erneut lassen sich auch einige Restauratoren dabei zusehen, wie sie Teppiche, Porzellan, Gemälde, Möbel, Uhren und Bücher in neuem Glanz erstrahlen lassen.

Oft bringen Privatleute restaurierungsbedürftige Bände in die Werkstatt des Familienbetriebs Depping. "Diese Bücher wurden von Generation zu Generation weitergereicht und besitzen einen hohen ideellen Wert." Zu den übrigen Auftraggebern gehören Bibliotheken, Klöster, Archive und Museen. Historische Bücher leiden oft unter Kriegsschäden, Feuchtigkeit und Fraß durch Nager, die an den Seiten knabberten. Auch die Umstellung auf maschinelle Papierherstellung zu Beginn des 19. Jahrhunderts beschert den Restauratoren Arbeit. "Damals begann man damit, Papier aus Holz zu verwenden", erklärt er. Die Harze im Holz entfalteten im Laufe von eineinhalb Jahrhunderten ihre schädliche Wirkung: In Verbindung mit Sonnenlicht führen sie dazu, dass das Papier bricht.

Für seine Arbeit nutzt der Restaurator eine Vielzahl von Instrumenten: Mit einem beheizten Glättkolben zieht er die Feuchtigkeit aus empfindlichem Papier, ein Falzbein, gefertigt aus Teflon, benutzt er zum Ausformen der Seiten. Bürsten, Spachtel, Pinsel und Pinzetten finden sich ebenfalls in der Werkstatt. Alles, was der Restaurator macht, muss reversibel sein. Ein Grundsatz, der in den 60er-Jahren nicht beherzigt wurde. "Damals wurden mit Folien und Klebestreifen Einbände eingeschlagen und rissige Titelblätter zusammengehalten." Was unbekannt war: Die Klebelacke in den Folien schaden der Papierstruktur und lassen sich nur schwierig lösen.

Heute schließt Gerit Depping Risse mit hauchdünnem Japanpapier aus der Faser des Maulbeerbaumes. Selbst "angefressene" Seiten lassen sich wieder ergänzen. "Anfasern" heißt die Technik, bei der der Fachmann mit Papier, das nach altem Rezept aufbereitet wird, fehlende Stellen ersetzt. Nicht nur die Seite, auch deren verloren gegangener Inhalt kann häufig ergänzt werden. "Kaum ein gedrucktes Buch ist ein Unikat", sagt er. Mit Hilfe von Archiven lassen sich deshalb fehlende Texte rekonstruieren. "Authentisch ist ein solches Buch aber nicht mehr, und der Spezialist sieht das auch."

Die 34. Kunst- und Antiquitäten-Tage eröffnen am Mittwoch, 17. Februar, von 18 bis 21 Uhr mit einer Vernissage. Vom 18. bis 21. Februar ist die Messe täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Die Garderobe ist kostenlos, da aus Sicherheitsgründen keine Mäntel, Jacken und größere Taschen in die Ausstellung genommen werden dürfen.

Tobias Hertel
Presse

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