INTERVENTION:
INTERVENTION: WERNER REITERER. Breath
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Ausstellung19.11.2009 - 28.03.2010
WR: Ich sehe das immer auch als Serviceleistung [lacht]. Kunst ist ja eine Dienstleisterin im idealsten Sinne. Es ist eine Frage der Verantwortung. Wir sind ja alle so erzogen, dass wir die Dinge ausführen, die uns gesagt werden. […] Der entscheidende Punkt ist jedoch: Wenn in einem Museum hochoffiziell die Anweisung gegeben wird: „Schreien sie jetzt so laut sie können“, dann erhalte ich als Besucher eine gewisse Legitimation dafür. Das Museum eröffnet eine Parallelrealität, in der ich sozusagen die Sau rauslassen kann, ohne dass ich Sanktionen befürchten muss. Die einzige Sanktion, die ich zu befürchten habe, kommt von der Arbeit selbst, dann nämlich, wenn ich an meiner eigenen Umsetzung Zweifel habe. Denn schreie ich nur so halb, traue ich mich nur so ein bisschen, wird ziemlich sicher nichts passieren. Die Arbeit ist über einen Lautstärkemesser so eingestellt, dass man mit seinem Schrei für eine gewisse Zeitdauer, eine oder zwei Sekunden, eine bestimmte Mindestdezibelzahl erreichen muss. Liegt man darunter, wird die installative Aktion des Aus- und Einatmens und Dimmens nicht aktiviert. Dann passiert etwas Interessantes: Die ganze Schadenfreude und Peinlichkeit kippt auf diesen einen Besucher, der es versucht hat, zurück. Alle werden sich denken: „Was ist denn mit dem los, ist der verrückt?“ Vor allem für die, die den Text noch nicht gelesen haben, gibt es dann auch keine überprüfbare Reaktion. Man sucht natürlich nach dem Grund für den Schrei. Ein sehr interessanter Aspekt ist, finde ich, dass es möglich ist, durch diese Installation etwas zu machen, was man normalerweise nicht darf. […]
RA: Zum einen wird den Besuchern etwas erlaubt, was sie gemeinhin, zumindest in einer stillschweigenden gesellschaftlichen bereinkunft, nicht dürfen, zum anderen erfordert es auch Mut, sich so zu exponieren und zu versuchen, die Installation auszulösen. Trauen sich das nur spezielle Charaktere?
WR: Ich glaube schon, dass es bestimmte Personen sind, die sich trauen. An diesen Arbeiten ist sehr schön ablesbar, dass es so etwas wie eine Gruppenbildung gibt. Das ist wiederum ein ganz typisches gesellschaftliches Phänomen. In der Gruppe ist man natürlich sicher und kann auch mehr durchbringen. Ganz selten exponiert sich ein Individuum allein. Zusätzlich schafft man in der Gruppe den Pegel der geforderten Lautstärke viel leichter, und man ist natürlich auch weniger verantwortlich – man hat ja nur mitgemacht. Das spiegelt sehr klar die Konstituierung von Gesellschaft wider und wie Individuen sich darin verhalten. Nach mittlerweile sieben oder acht weltweiten Ausstellungsorten kann ich sagen, dass es sich überall ähnlich verhält. Es ist in Amerika nicht anders als in Spanien oder in Frankreich.
BIOGRAFIE Werner Reiterer
1964 geboren in Graz
1984-1988 Studium an der Akademie der bildenden Künste,
Wien (Klasse Grafik, Maximilian Melcher)
Mitglied der Secession, Wien
lebt und arbeitet in Wien
Werner Reiterer
Foto: Angelika Krinzinger
2009 Breath, Belvedere, Wien; Raw Loop, USF Contemporary
Art Museum, Tampa, Florida; Public Art Project, Technisches Museum Wien; Turner in
Linz, Oberösterreichische Landesgalerie, Linz (mit K. H. Klopf)
2008 Raw Loop, The Speed Art Museum, Louisville, Kentucky
2006 Overbeck Gesellschaft, Lübeck; the backside of the brain, Landesmuseum
Niederösterreich, St. Pölten; Public Art Project, 21c Museum, Louisville, Kentucky
2005 Platzebo, Landesgalerie am Oberösterreichischen Landesmuseum, Linz
2003 Die kennen sich! Kennen Sie die?, Kunsthaus Baselland, Muttenz, Basel (mit Eric Hattan)
2001 A one man and two hours show, Kunstverein Hannover (Projektreihe blind date)
1999 Trousers for the Brain, Austrian Cultural Institute, London; Trousers for the Brain, Freud
Museum, London.
1998 Homöopathetisch, Staatliches Museum, Schwerin
1991 Pro und Kontra, Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz
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19.11.2009 - 28.03.2010