Italienischen Kunstgeschichte
Maniera. Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici
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Ausstellung24.02.2016 - 05.06.2016
Wie das nächste Kapitel der Schau veranschaulicht, steht die Kunst- und Stadtgeschichte von Florenz in jenen Jahren in engem Zusammenhang mit den Ereignissen, die sich in der päpstlichen Metropole Rom zutragen. Unter dem Medici- Papst Clemens VII. versammeln sich viele junge Talente in der Stadt, darunter Rosso Fiorentino, Parmigianino, Polidoro da Caravaggio und Perino del Vaga. Mit der Plünderung Roms durch die Söldnertruppen Karls V. (Sacco di Roma) findet diese fruchtbare Konstellation 1527 ein Ende. Rosso trifft 1524 in Rom ein und schafft dort Fresken und Tafelbilder, verlagert seine Produktion jedoch bald auf das Gebiet der Druckgrafik, darunter etwa die hier gezeigte Serie der Götter in Nischen (1526) aus der Graphischen Sammlung des Städel Museums. Die Plünderung Roms ist auch für Florenz folgenreich. So vertreibt die Fraktion der Medici-Gegner die Familie aus der Stadt und ruft die Republik aus. Doch im Herbst 1529 beginnt die Belagerung der Stadt durch kaiserliche Truppen, denen sich die Republik Florenz 1530 ergeben muss. Diese Zeit politischer wie auch gesellschaftlicher Umwälzungen ist eine der kreativsten und produktivsten Perioden der Florentiner Malerei. Beispielhaft dafür stehen in der Ausstellung Hauptwerke dieser Phase, etwa Andrea del Sartos Opferung Isaaks (um 1529/30, Museo del Prado, Madrid) oder Bronzinos Heiliger Sebastian (um 1528/29, Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid). Die stadtgeschichtlichen Ereignisse der Zeit spiegeln sich auch in den vier verschiedenen Versionen des Motivs Martyrium der Zehntausend (um 1522–30) von Pontormo, Bronzino und Perino del Vaga wider, welche in der Ausstellung erstmals an einem Ort zusammengeführt werden.
Das folgende Kapitel widmet sich dem Aufstieg Bronzinos zum führenden Porträtmaler in Florenz unter dem ersten Herzog Alessandro de’ Medici. Im Mittelpunkt steht dabei Bronzinos fulminantes Bildnis einer Dame in Rot (Francesca Salviati?) im Städel (um 1533), ein Schlüsselwerk der Florentiner Porträtmalerei. Der Entstehung dieses neuen Bildtypus des monumentalen, repräsentativen Damenbildnisses geht die Ausstellung erstmals nach und versammelt um das Bildnis einer Dame in Rot eine Reihe eng verwandter Frauenporträts.
Der Auftakt der zweiten Ausstellungsetage widmet sich dem sogenannten „Paragone“ – dem Rangstreit zwischen den Gattungen Malerei und Skulptur, der in den 1540er- Jahren in der Florentiner Kunstszene diskutiert wurde. Pontormos monumentales Gemälde Venus und Amor (um 1533, Galleria dell’Accademia, Florenz), das ebenfalls erstmals außerhalb von Florenz gezeigt werden kann, führt der Künstler nach dem Entwurf Michelangelos aus. Die skulpturale Anmutung der Körperdarstellung wird hier regelrecht zum künstlerischen Argument in der Paragone-Debatte. Auch die Architektur des Florentiner Manierismus wetteifert mit der Bildhauerei: So nimmt die Treppe in Michelangelos Treppenhaus der Biblioteca Laurenziana (1524–59) skulpturale Formen an. Ein für die Ausstellung angefertigtes monumentales Modell im Maßstab von ca. 1:3 vermittelt einen Eindruck von der spielerischen Eleganz dieses Bauwerks.
Im Jahr 1539 wird Bronzino Hofmaler des neuen Herzogs Cosimo I. de’ Medici; dies wird im zweiten Raum dieses Ausstellungsteils thematisiert. Er porträtiert den Herzog, dessen Gemahlin Eleonora di Toledo und ihre Kinder in einer ganzen Bilderserie. Bronzino prägt in jener Zeit maßgeblich die Gattung des höfischen Kinderbildnisses, wie das Bildnis des Garzia de’ Medici (um 1550, Museo del Prado, Madrid) veranschaulicht. Daneben setzt er mit der Freskenausstattung von Eleonoras Privatkapelle im Palazzo Vecchio sowie mit religiösen Tafelbildern neue Maßstäbe für die Hofkunst in Florenz. 1546 lässt Cosimo I. eine Manufaktur für Tapisserien einrichten und beauftragt Bronzino mit dem Entwurf monumentaler Bildteppiche, die sich in Form von komplexen Allegorien der Herrschaft des Herzogs widmen. Gezeigt werden die erste dieser Tapisserien, die sogenannte Dovizia (1545, Galleria del Costume, Florenz), und mehrere Entwurfszeichnungen.
Abschließend widmet sich die Ausstellung dem vornehmlich als Kunstschriftsteller und Architekten bekannten Giorgio Vasari, den sie als bedeutenden Maler und Zeichner vorstellt. Ab 1555/56 führt Vasari als Hofmaler zahlreiche Freskendekorationen im Palazzo Vecchio aus, die er in Zeichnungen eingehend vorbereitet. In dieser Phase entstehen auch einige seiner eindrucksvollsten Tafelbilder wie die Toilette der Venus (um 1558, Staatsgalerie Stuttgart). Sein schriftstellerisches Hauptwerk ist die zweite Auflage seiner Künstlerviten von 1568, die erste umfassende Geschichte der italienischen Kunst von Giotto bis zu Vasari selbst. Neben den Lebensbeschreibungen verschiedener Florentiner Manieristen beinhalten die Viten auch die früheste theoretische Reflexion über die Kunst der „maniera“. Im Schlusskapitel der Ausstellung wird zudem Pontormos Tagebuch aus der Nationalbibliothek in Florenz präsentiert, das als eines der frühesten erhaltenen Künstlertagebücher einen authentischen Einblick in Werkprozess und Lebensalltag des Florentiner Malers gewährt.
Katalog: Zur Ausstellung erscheint im Prestel Verlag ein umfassender, von Bastian Eclercy herausgegebener Katalog mit einem Vorwort von Max Hollein und Beiträgen von Hans Aurenhammer, Nicholas Scott Baker, Katharina Bedenbender, Anne Bloemacher, Gerd Blum, Ralf Bormann, Matteo Burioni, Heiko Damm, Bastian Eclercy, Chris Fischer, David Franklin, Dennis Geronimus, Sefy Hendler, Theresa Holler, Heidi J. Hornik, Fabian Jonietz, Adela Kutschke, Johannes Myssok, Susanne Pollack, Susanne Thürigen und Linda Wolk-Simon. Deutsche und englische Ausgabe, 304 Seiten, 39,90 Euro (Museumsausgabe).
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24.02.2016 - 05.06.2016
Kurator: Dr. Bastian Eclercy, Sammlungsleiter italienische, französische und spanische Malerei vor 1800, Städel Museum.
Ausstellungsdauer: 24. Februar bis 5. Juni 2016.
Information: www.staedelmuseum.de, info@staedelmuseum.de, Telefon +49(0)69-605098-0, Fax +49(0)69-605098-111.
Besucherdienst: Telefon +49(0)69-605098-232, besucherdienst@staedelmuseum.de.
Ort: Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main.
Öffnungszeiten: Di, Mi, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do + Fr 10.00–21.00 Uhr.