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Unter Freunden. Japanische Teekeramik

Auch dem Keramiker Jan Kollwitz dienen diese Werte als Richtlinie für die Herstellung seiner Werke nach tradierten Vorbildern aus Shigaraki, Iga und anderen Keramikzentren. Seit über 30 Jahren brennt Kollwitz seine Arbeiten in einem japanischen Anagama-Holzbrennofen in dem Klosterdorf Cismar in Schleswig-Holstein. Gelernt hat er die dafür notwendigen Techniken in Echizen, einem der ältesten Keramikzentren Japans. Seine Arbeiten erhalten bis auf wenige glasierte Stücke erst während des vier Tage und Nächte dauernden Brandes natürliche Ascheanflugglasuren: Bei über 1250 Grad Celsius verschmilzt die umherwirbelnde Holzasche mit der Tonoberfläche, wobei Farbe und Glasur je nach Ton und Standort im Ofen variieren. Der Ofen in Cismar, 1988 erbaut von einem renommierten japanischen Ofenbaumeister, war wiederum Grundlage für Christoph Peters Roman Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln (2014). Der Schriftsteller ist leidenschaftlicher Sammler von Teekeramiken und mit Kollwitz befreundet. Gemeinsam mit Werken aus der MKG-Sammlung vermitteln Leihgaben von Christoph Peters einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Typen und Öfen japanischer Teekeramik. Die Ausstellung mit Objekten vom 16. Jahrhundert bis heute stellt historische Entwicklungen und die Herausbildung geltender Bewertungsmaßstäbe ebenso wie die wichtigsten Gerätschaften für die Zubereitung von Matcha vor. Hervorzuheben sind hier die Teeschalen (chawan) selbst, aber auch das Kaltwassergefäß (mizusashi), Vasen (hanaire) und die vielen verschiedenen Teller, Platten und Schalen, die für das Essen (kaiseki) im Rahmen einer Teezusammenkunft Verwendung finden.
Gerade die Zusammenstellung der Keramiken aus der Sammlung Christoph Peters und dem MKG macht deutlich, dass die Sammlung des MKG sehr stark durch den Zeitgeschmack um 1900, speziell aber durch die Freundschaft von Justus Brinckmann mit dem Kunsthändler und Keramikliebhaber S. Bing geprägt ist. 1838 als Siegfried Bing in Hamburg geboren, ließ er sich 1876 als Samuel Bing in Frankreich einbürgern. Dort betrieb er ab 1878 eine Galerie für Ostasiatika. Seine 1895 eröffnete zweite Galerie Maison de l‘Art Nouveau markierte seine Hinwendung zum Jugendstil, dessen französischer Name sich von eben dieser Galerie ableitet. Die in dieser Zeit von Bing an Brinckmann verkauften rund 150 Stücke bilden den Grundstock der Sammlung an japanischer Teekeramik im MKG. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Keramikproduktion in Kyoto vom frühen 16. bis ins späte 19. Jahrhundert. Die mit Schmelzfarben auf der Glasur dekorierte Keramik aus der ehemaligen Hauptstadt Japans kam dem europäischen Geschmack um 1900 entgegen. Die Raku-Schalen, deren kräftige rote und schwarze Glasuren durch das Herausziehen der Gefäße aus dem ca. 900 Grad heißen Ofen entstehen, sind bis heute sehr beliebt. Keramiken in der Art des ebenfalls in Kyoto tätigen Ogata Kenzan (1663–1743) nehmen in der insgesamt über 700 Stücke umfassenden Sammlung japanischer Keramik im MKG einen besonderen Stellenwert ein. Charakteristisch für Brinckmanns frühe Erfassung und Vermittlung japanischer Kunst ist, dass er die zusammengetragenen Stücke umgehend in einer weltweit ersten Studie zu Ogata Kenzan publizierte (Kenzan. Beiträge zur Geschichte der japanischen Töpferkunst, 1897). Diese ließ sich der Sammler Charles Lang Freer (1854–1919) ins Englische übersetzen und entwickelte u.a. darauf aufbauend seine eigene Kenzan-Sammlung, die sich heute in der Freer Gallery, Smithsonian Institution, Washington, D.C., befindet. Die Ausstellung Unter Freunden. Japanische Teekeramik vermittelt diese Sammlungsgeschichte als Teil des von der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius finanzierten Projektes zur wissenschaftlichen Erschließung der Sammlung Ostasien.
Rahmenprogramm: Die Ausstellung wird von Vorführungen der japanischen Teezeremonie, einem Gespräch mit Lesung von Christoph Peters und Jan Kollwitz am 29. September 2019, Kuratorinnenführungen und öffentlichen Führungen begleitet.






  • 28.06.2019 - 23.02.2020
    Ausstellung »

    Ausstellungsort
    Japanisches Palais
    Laufzeit
    03.11.2018—03.03.2019
    Öffnungszeiten
    täglich 10—18 Uhr, Montag geschlossen
    Eintrittspreise
    regulär 8 €, ermäßigt (und Inhaber der SZ-Card) 6 €, unter 17 frei, ab 10 Pers. 7 €



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  • Teeschale (chawan) mit Dekor von Suzuki-Gräsern und Vollmond, Ninsei-Stil, 19. Jh., Steinzeug mit Emailfarben, Gold und Silber, H. 8,5 cm, D. 9,6 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Foto: Jörg Arend
    Teeschale (chawan) mit Dekor von Suzuki-Gräsern und Vollmond, Ninsei-Stil, 19. Jh., Steinzeug mit Emailfarben, Gold und Silber, H. 8,5 cm, D. 9,6 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Foto: Jörg Arend
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Ogata Kenzan (1680–1740), zugeschrieben, Teller, Steinzeug, 18. bis frühes 19. Jh., Bemalung unter der Glasur, L. 17 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Vorbesitz: H. Saenger, Hamburg, Foto: MKG/Shinya Maezaki
    Ogata Kenzan (1680–1740), zugeschrieben, Teller, Steinzeug, 18. bis frühes 19. Jh., Bemalung unter der Glasur, L. 17 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Vorbesitz: H. Saenger, Hamburg, Foto: MKG/Shinya Maezaki
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Dose für Räucherwerk (kōgō) in Form eines Frosches, bezeichnet „Kikkō“, 1. H. 19. Jh., glasierte Irdenware, H. 3,5 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Schenkung: S. Bing, Paris, Foto: MKG/Shinya Maezaki
    Dose für Räucherwerk (kōgō) in Form eines Frosches, bezeichnet „Kikkō“, 1. H. 19. Jh., glasierte Irdenware, H. 3,5 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Schenkung: S. Bing, Paris, Foto: MKG/Shinya Maezaki
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Utensilien zum Zubereiten von leichtem Tee (usucha) im Frühling, Zusammenstellung von Objekten aus der Sammlung des MKG durch die Urasenke-Teeschule Hamburg, Foto: MKG
    Utensilien zum Zubereiten von leichtem Tee (usucha) im Frühling, Zusammenstellung von Objekten aus der Sammlung des MKG durch die Urasenke-Teeschule Hamburg, Foto: MKG
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Teacup (chawan) mit Berg Fuji, Akahada, 1. Hälfte 19. Jh., Steinzeug, H. 8 cm, D. 10 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Foto: Jörg Arend
    Teacup (chawan) mit Berg Fuji, Akahada, 1. Hälfte 19. Jh., Steinzeug, H. 8 cm, D. 10 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Foto: Jörg Arend
    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg