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Sammlung Werner

Kirchner Heckel Nolde - Die Sammlung Werner

Sammlung Werner

Die ab dem 1. Juni in der Albertina präsentierte Sammlung Werner ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich: Sie vereint nicht nur hervorragende Werkgruppen der Brücke-Künstler Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Müller, Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff sowie Arbeiten westeuropäischer Größen wie Picasso und Matisse - diese Sammlung ist vor allem spannend im Hinblick auf ihre berührende Entstehungsgeschichte. Gezeigt werden nun rund 90 Werke aus Irmtraut Werners Sammlung, die dem breiteren Publikum noch nie durch eine eigene Ausstellung oder Katalogpublikation zugänglich gemacht worden ist, mit dem Schwerpunkt des deutschen Expressionismus.

An den Anfängen der beeindruckenden Privatsammlung, die sich seit 2009 als Dauerleihgabe in der Albertina befindet, steht die vitale Neugierde und Kunstbegeisterung einer jungen Frau, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges in der Galerie Wilhelm Grosshennigs eine Anstellung als Sekretärin fand. Die spätere Sammlerin Irmtraud Werner blieb über viele Jahre Mitarbeiterin des namhaften Düsseldorfer Kunsthändlers, der mit seiner Galerie den künstlerischen „Wiederaufbau“ deutscher Museen nach der nationalsozialistischen Verfemung moderner Kunst betrieb. Da der Galerist durch sein Vorbild und seine Kontakte zu den einst als entartet geltenden Künstlern oder deren Erben einen nachhaltigen Einfluss auf den Kunstgeschmack seiner Mitarbeiterin ausübte, ist die Sammlung Werner auch ein Spiegel von Grosshennigs Vernetzungen und Bemühungen.

Die Bildung eines sowohl in künstlerischer, historischer wie auch in materieller Hinsicht wertvollen Ensembles durch einen Menschen, dem zunächst weder durch Geburt oder Geschichte noch durch finanziell abgesicherte Lebensumstände die günstigsten Voraussetzungen für diese Art von Tätigkeit gegeben waren, ist ein bislang unbeachtetes kulturelles Phänomen.

Von Natur aus ambitioniert, entwickelte sich Irmtraut Werner auf dem von ihrem Arbeitgeber favorisierten Terrain, der französischen und deutschen Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, allmählich selbst zur Kunstexpertin und Ansprechpartnerin für die Museen in München, Düsseldorf, Essen und Bremen. Als Dank für ihr Engagement und zur Unterstützung der ab 1959 alleinerziehenden Mutter eines kleinen Mädchens gedacht, beflügelten Grosshennigs Kunstgeschenke nicht nur ihre Interessen, sondern bildeten auch die erste Grundlage ihrer Sammlung. Ihre Hochzeit mit einem der gesuchtesten Geigenvirtuosen des 20. Jahrhunderts, Ricardo Odnopossoff, bedeutete zwar das Ende ihrer glücklichen Mitarbeit in der Galerie Grosshennig, andererseits ergab sich aus der finanziellen Unabhängigkeit ihres Mannes die Möglichkeit, die alten professionellen Kontakte und Kenntnisse in den Dienst des eigenen Sammlungsaufbaus zu stellen.

Irmtraut Werner sammelte im Wechselspiel mit Grosshennigs Vorlieben weiter, auch nachdem sie nicht mehr dessen Mitarbeiterin war. Ihr freundschaftliches Verhältnis, das bis zum Tod des Kunsthändlers bestand, hatte mehr von einer familiären Beziehung als der zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter. Wie ein fürsorglicher Vater überließ der Händler ihr auch nach ihrer Verheiratung zu Geburtstagen und zu Weihnachten bedeutende Kunstwerke.

Vielleicht hing Irmtraut Werners besonderes Interesse für die Künstler der Brücke damit zusammen, dass die Gründer dieser Künstlergruppe in Chemnitz aufgewachsen waren. Vielleicht hat Grosshennigs Schenkung eines der schönsten Aquarelle Ernst Ludwig Kirchners aus der Blütezeit der Brücke, der Garten in Dresden, um 1911, anlässlich der Taufe ihrer Tochter den Aufbau der beachtenswerten Brücke-Sammlung bei ihr ausgelöst. Möglich auch, dass die intensive Zusammenarbeit mit Grosshennig zum eigenen Erwerb repräsentativer Werke von Kirchner, Heckel oder Mueller führte: Diese Leistung aus der Position einer zunächst mittellosen Sekretärin ist in jedem Fall ganz ungewöhnlich und außerordentlich.

Irmtraut Werner bemühte sich immer wieder, Einzelwerke nicht allein stehen zu lassen. Wenn die Bildung von Sequenzen nicht möglich war, versuchte sie wenigstens Paare oder Pendants zu bilden. So ergänzte sie den Abzug einer Schwarz-Weiß-Lithographie Otto Muellers, die ihr bereits von Grosshennig geschenkt worden war, um dessen kolorierte Fassung (Zwei Mädchen am Wasser). Der Standpunkt des Sammlers, der die Lücken einer Kollektion zu schließen versucht, war ihr durch Grosshennigs Kontakte zu Museumsdirektoren und Kustoden vertraut: etwa zu Paul Vogt, der nicht zuletzt mit Hilfe der Galerie Grosshennig die Bestände des von den Nationalsozialisten geplünderten Museum Folkwang wiederherstellte. Auch Werner Schmalenbach ist zu nennen, der die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen aufbaute. Am Beispiel Ernst Ludwig Kirchners zeigt sich auch, dass es Irmtraut Werner weniger darum ging, nur die Brücke-Zeit der Jahre 1907 bis 1915 abzudecken. Außerhalb von Grosshennigs Kontaktnetz erwarb sie mehrere Werke aus Kirchners Schweizer Spätzeit, die den Künstler in die europäischen Entwicklungen der Zwischenkriegszeit eingebettet zeigen. Dank ihrem Lehrmeister war ihr bewusst, wie viel die europäische Moderne der französischen Kunst verdankte und wie sehr diese wiederum von der Kunst des Pablo Picasso beeinflusst war. Es gelang ihr mit ausgesuchten Werken von Jean-François Millet, Paul Cézanne, Henri Matisse und Amedeo Modigliani die Zeichnung des Spaniers (Ruhender Akt) mit wenigen druckgraphischen und keramischen Arbeiten zu vergesellschaften und damit das Wesen seiner Kunst zu charakterisieren.








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