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Christusbildnis

Zwei in Einem. Jacopo de’Barbaris Christusbildnis

Christusbildnis

Ziel der Infrarot-Reflektografie war, eventuell vorhandene Unterzeichnungen an dem Barbari-Gemälde sichtbar zu machen. Diese Erkenntnisse geben Einblick in die Arbeitsweise des Künstlers im Zuge der Vorbereitung eines Gemäldes. Gleichzeitig können die Infrarot-Aufnahmen jederzeit für Vergleiche mit seinen eigenen grafischen Werken sowie mit Arbeiten von Zeitgenossen wie Lucas Cranach d. Ä. oder Albrecht Dürer herangezogen werden. Zur großen Überraschung wurde bei dieser Untersuchung unter dem Christuskopf die detailliert ausgearbeitete Zeichnung eines Johanneskopfes sichtbar. Die Überraschung war deshalb so groß, weil die Malerei des Christusbildnisses ausgesprochen filigran ausgeführt ist. Die geglätteten, äußerst dünnen Farbschichten lassen bei optischer Betrachtung kein anderes Motiv darunter vermuten. Die Unterzeichnung des Johanneskopfes zeigt die sorgfältig ausgearbeitete Anlage einer Malerei. Dabei sind nicht nur grobe Formen und Umrisse vorgegeben. Die Linien sind gezielt gesetzt und detailliert durch Schraffuren verstärkt. Dadurch erzeugen sie Räumlichkeiten und erinnern an eine vollwertige Zeichnung. Auffällig ist, dass der Kopf zusätzlich zu den Linien weiche Schattierungen, Lichter und Farbübergänge zeigt. Im unteren Bereich dagegen ist die Schale nur als reine Zeichnung auf weißem Grund sichtbar. Dies bedeutet, dass der Johanneskopf vor der Neuüberarbeitung zum Christuskopf bereits malerisch mit Farbe und Pinsel ausgearbeitet gewesen sein muss. Die Schale aber blieb auf die Unterzeichnung reduziert. Für den bei normaler Betrachtung sichtbaren Christuskopf zeigte sich keine zeichnerisch ausgearbeitete Vorlage. Nur unter den zentralen Bereichen des Gesichts liegen unruhige Linien. Diese Linien umranden Augen, Nase und Mund. Sie haben nichts gemein mit einer freien, lockeren Zeichnung als Anlage der Komposition und geben deshalb Rätsel auf, denn ihre Struktur erinnert eher an ein Durchpausen oder Nachzeichnen.

Digitale Infrarot-Reflektografie Infrarot-Strahlen gehören ebenso wie Röntgenstrahlen zu den unsichtbaren Strahlen des elektromagnetischen Spektrums. Je nach ihrer Wellenlänge (ca. 730–2.000 nm) sind Infrarot-Strahlen in der Lage, Farbschichten, Lasuren oder Firnisse zu durchdringen und einen verdeckten Bildaufbau oder die Unterzeichnung auf der Grundierung sichtbar zu machen. Dabei entwickelte sich die Infrarot-Fotografie (auf Film), über die Infrarot-Reflektografie (über ein Video) zur digitalen Infrarot-Reflektografie. Verbessert wurden dadurch das Spektrum der Wellenlänge und die Aufnahmetechnik. Im günstigen Fall findet man Antworten auf Fragen zur Entstehung des Gemäldes. Auch das »Formbemühen« des Künstlers wird transparent. Sogenannte Pentimenti (Abweichungen zwischen Unterzeichnung und sichtbarem Oberflächenbild) und Erscheinungen, die die Geschichte des Gemäldes betreffen, werden sichtbar, z.B. Übermalungen, Retuschen, Schäden aller Art. Die Sichtbarkeit dieser Phänomene ist abhängig von Dicke und Anzahl der Malschichten, dem Streu- und Absorptionsverhalten der verwendeten Pigmente und dem Kontrastverhältnis zwischen Grundierung und Zeichenmaterial. So werden z. B. eisenhaltige Pigmente, zu denen die Ockersorten zählen, in diesem Wellenbereich transparent. In der Regel sind deshalb schwarze, kohlenstoffhaltige Unterzeichnungen auf hellem Grund gut erkennbar, während rote Unterzeichnungen unsichtbar bleiben. Besitzt ein Gemälde eine rote Grundierung, erschwert dies das Erkennen einer dunklen Unterzeichnung, eine rote wird völlig unsichtbar.

Auch weitere am Gemälde de’Barbaris angewandte zerstörungsfreie Untersuchungstechniken wie Mikroskopie, Röntgenuntersuchung und Untersuchungen im Streiflicht werden im Rahmen
der Präsentation vorgestellt.

Ausstellungsdaten
»Zwei in Einem. Jacopo de’Barbaris Christusbildnis«
Präsentation im Rahmen der Reihe »Varietas. Neues aus den Museen« Schlossmuseum Weimar | Cranachgalerie
Burgplatz 4 | 99423 Weimar
10. April bis 13. Juni 2011 | Di–So 10–18 Uhr
Eintritt – Schlossmuseum Weimar
6 € / erm. 5 € / Schüler (16–20 J.) 2,50 €

Vortrag
»Was von Jacopo de’Barbari blieb, als Lucas Cranach kam. Zur Bedeutung eines Italieners für den Kunstdiskurs am Sächsischen Kurfürstenhof«
Vortrag von Prof. Dr. Matthias Müller, Mainz
Dienstag, 12. April 2011 | 19 Uhr
Schlossmuseum Weimar | Falkengalerie








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