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Frankfurter Städel Museum

Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo

Frankfurter Städel Museum

Den historischen Ausgangspunkt der „Geschlechterkampf“-Ausstellung bildet die sich während des 19. Jahrhunderts über ganz Europa ausbreitende Forderung nach sozialer Gleichstellung von Mann und Frau, angeführt von der weiblichen Emanzipationsbewegung. Erstmals wurden weibliche und männliche Rollenbilder in der breiten Öffentlichkeit diskutiert – eine Debatte, die ab den 1860er-Jahren auch in den bildenden Künsten ihre Spuren hinterließ.

Der Ausstellungsparcours beginnt mit einem einführenden Abschnitt zu Adam und Eva, der biblischen Urgeschichte des Geschlechterkonflikts. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden vielfältige Darstellungen des ersten Menschenpaares, die bereits auf die künstlerische Bandbreite in der Beschäftigung mit dem Thema verweisen. Zu sehen sind prägnante Werke von Franz von Stuck, Julius Paulsen oder Suzanne Valadon, für deren Adam ihr zwanzig Jahre jüngerer Partner André Utter Modell gestanden hat.

Parallel zum gesellschaftlichen Erstarken der Frau finden sich in der Kunst des Fin de Siècle Darstellungen, welche die Schuld der Ursünde und die Verführungskünste der Frau hervorheben. So gewann die künstlerische Beschäftigung mit der destruktiven, ins Verderben führenden Weiblichkeit zunehmend an Bedeutung, wobei die den Mann erniedrigende Femme fatale (franz.: Unheil bringende Frau) als zentrale Projektionsfläche sowohl für männliche Ängste als auch für sexuelle Begierden diente. Viele in erster Linie männliche Künstler sahen in der nach Gleichberechtigung strebenden Frau eine essenzielle Bedrohung. In ihren Werken stilisierten sie das weibliche Geschlecht zur Figur des Bösen, das seine sexuellen Reize gezielt zur Entmachtung des Mannes einsetzt. Starke biblische Charaktere wie Salome, Judith und Delila erreichten gegen Ende des 19. Jahrhunderts Kultstatus und wurden von zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern verarbeitet, darunter Gustave Moreau, Jean Benner, Lovis Corinth oder Aubrey Beardsley.

Das aufkommende Fach der Sexualforschung revolutionierte zur Jahrhundertwende die bürgerliche Auffassung von klar getrennten Geschlechterrollen und stellte Aspekte wie sexuelle Instinkte und Vorlieben zur öffentlichen – jedoch fast ausschließlich von Männern geführten – Diskussion. Künstler wie Alfred Kubin, Thomas Theodor Heine oder Félicien Rops griffen nicht länger auf mythologische und biblische Figuren zurück, sondern visualisierten stereotype Eigenschaften der Geschlechter in exaltierten Bildideen. Zu dieser Zeit finden sich zudem vermehrt Darstellungen, in denen die Frau als hilfloses Opfer erscheint, das dem Mann, der seine sexuelle und gesellschaftliche Macht über sie ausübt, vollkommen ausgeliefert ist. Ein in der Ausstellung vertretenes eingängiges Beispiel ist Emmanuel Frémiets Skulptur Gorilla, eine Frau raubend (1887), die als Inspiration für Merian C. Coopers knapp fünfzig Jahre später entstandenen berühmten Film King Kong und die weiße Frau (1936) diente.

Eine ganz andere Perspektive bildet das hier erstmals ausgestellte Frühwerk Jeanne Mammens, dem ein monografisches Ausstellungskapitel gewidmet ist. Die Künstlerin befasste sich intensiv mit der fantastischen Gedanken- und Traumwelt des literarischen Symbolismus. Dabei schuf sie eine Werkserie zu Gustave Flauberts Die Versuchung des heiligen Antonius (1874) sowie mehrere Darstellungen starker Frauenfiguren, darunter Medusa und Salome. Ein weiterer Künstler, in dessen Œuvre die Thematik des Geschlechterkampfs einen besonderen Stellenwert einnimmt und dem hier ein Kapitel gewidmet wird, ist Edvard Munch. Der Norweger thematisierte in seinen Bildern die Ambivalenz in der Beziehung zwischen den Geschlechtern und verband Erotik und Liebe häufig mit Schmerz und Tod. Dabei bringt er den Betrachter oftmals in die Position des männlichen Voyeurs und Liebhabers, welcher der körperlichen Anziehungskraft der Frau zum Opfer fällt.

Im freiheitlichen Klima der Weimarer Republik eröffneten Amüsierbetriebe, Nacktbars und Transvestitenlokale, in denen Großstadtbewohner versuchten, die Schrecken des Ersten Weltkrieges mit sinnlichem Vergnügen zu verdrängen. Damit einhergehend konzentrierte sich das künstlerische Interesse auf Sujets wie Lustmord, sexuelle Gewalt und Prostitution. Männliche Vertreter der Neuen Sachlichkeit wie Otto Dix, Heinrich Maria Davringhausen und Karl Hubbuch zeigten auf grausamste Weise zerstörte weibliche Körper als Fetischobjekte. Mit dieser neuen Drastik verlagerten die Künstler ihren Fokus auf die Wiedergabe menschlicher Abgründe sowie des sozial Randständigen, was als Hinweis auf die Verrohung des sozialen Klimas und als Metapher für das krankende politische System verstanden wurde. Das Interesse an Sexualverbrechen war genreübergreifend. Frank Wedekinds Drama Lulu. Erdgeist / Die Büchse der Pandora diente etwa Georg Wilhelm Pabst als Vorlage für seinen Film Die Büchse der Pandora (1928/29). In beiden Versionen fällt Lulu dem Mörder Jack the Ripper zum Opfer. Künstlerinnen und Künstler aus dem Umkreis der Berliner Dada-Bewegung wie Hannah Höch oder Hans Bellmer konfrontierten das Publikum mit skandalträchtigen Bildern von entstellten, mechanisierten oder monströsen Figuren, dies jedoch vor allem, um Kritik an der bürgerlichen Sexualmoral zu üben.






  • 24.11.2016 - 19.03.2017
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    Öffnungszeiten: Di, Mi, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do + Fr 10.00–21.00 Uhr, montags geschlossen

Ausstellungsansicht "Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo"


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  • Max Liebermann (1847–1935), Simson und Delila, 1902
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  • Edvard Munch (1863–1944), Asche, 1925
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  • Jean Benner (1836–1906), Salome, um 1899
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  • Gustav Adolf Mossa (1883–1971), Sie, 1905
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  • Merian C. Cooper (1893–1973), King Kong (Filmstill), 1933
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  • Hannah Höch (1889–1978), Die Braut (Pandora), 1924–27
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