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Grafisches Kabinett

The Otolith Group What the Owl Knows

  • Ausstellung
    19.11.2022 - 05.02.2023
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Grafisches Kabinett

Die Secession freut sich, The Otolith Groups Einzelausstellung What the Owl Knows(Was die Eule weiß) mit dem neuen in der Regie der Künstler*innen entstandenen filmischen Werk mit demselben Titel zu zeigen. Kodwo Eshuns und Anjalika Sagars post-kinematografische Praxis ist von einer Aufmerksamkeit für die Ästhetik des Essayistischen geprägt, die die Gestalt einer Science-Fiction der Gegenwart annimmt, die die interskalaren Katastrophen des Rassischen Kapitalozäns zu dramatisieren sucht.

Ausgangspunkte für die Beschäftigung der Künstler*innen mit einer Neuordnung der intertemporalenBeziehungen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind oft existierende Werke von Komponist*innen, Produzent*innen, Musiker*innen, Dichter*innen, Theoretiker*innen und Maler*innen. Die Herangehensweisen an Klangphänomene, die in den Arbeiten etwa von Julius Eastman, Codona, Drexciya, Etel Adnan, Una Marson, Denise Ferreira da Silva und Rabindranath Tagore zu hören sind, legen eine Bandbreite künstlerischer Methoden nahe, mit denen sich die Kraft, Masse und Bewegung von Bildern neu denken lassen.

Dieses Verfahren, überMedien hinwegzu hören, erlaubt es Eshun und Sagar, eine klangliche Praxis des Bildermachens aufzusuchen und aufzugreifen, die das Publikum einlädt, Video als Choreografie von Bildern in Bewegung zu hören. Ein solcher Ansatz will das Publikum bewegen, der Gegenwart als einer historischen Erfahrung zu begegnen, die vom Horizonteiner erwartungsvollen Zukunft her projiziert ist. In The Third Part of the Third Measure(2017), um nur eine von mehreren solchen Arbeiten zu nennen, dirigiert The Otolith Group die zeitliche Struktur der Vergangenheit um, indem sie die Musik des Komponisten Julius Eastman aus der Perspektive einer Zukunft inszeniert, die heutige Hörer mit der militanten Figur des schwulen Guerrilla konfrontiert.

What the Owl Knowsentwickelt sich aus der langjährigen Freundschaft zwischen der Malerin und Schriftstellerin Lynette Yiadom-Boakye, Sagar und Eshun. Die Bewunderung, die die drei Londoner*innen einander entgegenbringen, bildet eine Voraussetzung für eine Arbeit, die die indirekten Wahlverwandtschaften innerhalb von Medien, zwischen ihnen und über sie hinaus würdigen soll. Traditionelle Dokumentarformate und das heutige Fernsehen wie auch zeitgenössische Museen und Galerien konzentrieren sich typischerweise auf die Motive, die den*die Maler*in als öffentliche Figur antreiben, um zu psychologischen Einsichten zu gelangen.

Dagegen, so könnte man sagen, steht hinter Eshuns und Sagars Arbeit der Wunsch, das Verlangen von Institutionennach biografischen Erklärungen zu durchkreuzen. Dieser beständige Wunsch, institutionelle Forderungen nach Explikationzu vereiteln, erfährt in What the Owl Knowsein gewisses Crescendo: Dem Werk liegt der Anspruch zugrunde, den biografischen Imperativ, der die Geschichten der Begegnung des Kinos mit Malerei prägt, zu verschieben.

Wer What the Owl Knowssieht, begreift, in welchem Maß The Otolith Group bemüht ist, das Werk der Malerei gerade nicht zu exponieren und die Gegenwart der Malerin vor der Bloßstellung zu bewahren, die die Kamera verspricht. Der Film zielt darauf ab, die malerische Arbeit zu dekonstruieren. Er schwelgt in dem, was er nichtpreisgibt. Er verweilt bei Details, hält sich mit Fragmenten auf und arbeitet sich an dem negativen Unterfangen ab, die sich im Kompositionsprozess anlagernden Schichten zu dekomponieren. Er beobachtet Yiadom-Boakye, wie sie einzelne Segmente einer Leinwand beobachtet, deren Gesamtumfang sich uns entzieht, wie sie über ihren nächsten Schritt nachdenkt, die Schwere nebeneinandergesetzter Farbigkeiten abwägt und das sich verschiebende Kräfteverhältnis der Farbtöne aufmerksam wahrnimmt.

What the Owl Knowsist von dem Anspruch beseelt, das Hauptaugenmerk von der Malerin als Objektder Aufmerksamkeit wegzulenken, hin zur Qualitätder Aufmerksamkeit, die die Malerin der Farbe zukommen lässt. What the Owl Knowsstrebt nach einer Poetik der Rekursion, in der der die Zuseherschaft darauf achtgibt, wie das digitale Video darauf achtgibt, wie eine Malerin darauf achtgibt, was sie malt.

Die Aufmerksamkeit auf das Rekursive erklingt im Duett mit einer Serie von Szenen, in denen Yiadom-Boakye als isolierte Figur erscheint, ein Schattenriss im gelben Licht der Straßenlaternen, der Kamera zu nichts verpflichtet, die sich an wegen ihrer bestimmten, aber nicht offengelegten Bedeutung ausgewählten Wildnissen in der Londoner Stadtlandschaft entlangbewegt. Während Yiadom-Boakye aus ihren Gedichten vorliest, die jeweils für und durch das Video neu geordnet wurden, bestimmt die eingeschränkte Ökonomie eines introspektiven Expressionismus zusehends die Inszenierung.

Die Forderung des dokumentarischen Kinos nach Erklärungen außer Kraft zu setzen, so zeigt sich, eröffnet einen Abgrund der Bedeutung, der einen gesteigerten Zustand der Ahnung und Andeutung durch den Rückgriff des Videos auf das abweichende Drama poetischer Sprache ermöglicht. DasPendeln zwischen der Intimität des Atelierinneren und der Dramatik der Schauplätze im Freien nimmt die Struktur eines Gefühls ein, dessen Wechselspiel auf die Versammlungsmacht des Mediums Video verweist. In seiner Begegnung zwischen Malerei und Dichtung überträgt die Bewegung des Videos vom Tag in die Nacht Yiadom-Boakyes Nachtgedanken aus dem Licht ins Dunkel und zurück. Das Licht der Nacht zu belauschen heißt die Nacht des Tages zu hören. Es heißt, die Zeremonie des Mediums Video zu erspüren, die eine Versammlung zwischen der Unsterblichkeit der Malerei, den Toten der Dichtung und dem Leben der Stimme einberuft.






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