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Passion und Ke

Passion und Kennerschaft durch ein Jahrhundert:

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Den Kriegseinsatz überstand Ludwig unbeschadet. 1943 wurde er in den Heimatdienst versetzt und arbeitete bis 1949 in der Industrie- und Handelskammer in Regensburg. Während der Kriegsjahre war die in den Anfängen bereits bestehende Sammlung Ludwig im Hause seiner Schwiegereltern in Straubing eingelagert. 1945 stellte die zuständige Militärregierung für diese Sammlung und die Sammlung Hüttinger einen Schutzbrief aus, der die als künstlerisch und kulturhistorisch besonders schützenswert klassifizierten Kunstgegenstände vor Beschlagnahme sicherstellte. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hatte für beide Sammlungen eine Treuhänderschaft inne. Dieses Amt schaltete sich 1947 ein, als die Behörde für Wohnungsbewirtschaftung die Räume, in denen die Sammlungen eingelagert waren, beschlagnahmen wollte, um dort Flüchtlinge einzuquartieren.

Bereits im Oktober 1945 hatte Ludwig von der Militärregierung der Oberpfalz eine Lizenz für die Weiterführung seines Kunsthandelsgeschäftes erhalten. Im Jahr darauf bestätigte - einer generell praktizierten Regelung dieses ersten Nachkriegsjahres entsprechend - die Prüfstelle für die Entnazifizierung dem „Nichtaktivisten" diese Genehmigung. Damit waren alle bürokratischen Hürden für den geordneten Betrieb von Ludwigs Antiquitätenhandel, den er bis zu dessen offizieller Abmeldung 1968 stets „ohne Laden" betrieb, genommen.

Seit 1949 war das Haus Am Vitusbach in Regensburg Geschäfts- und Lebensmittelpunkt. Es war ein gastliches Haus, beinahe wie ein Museum eingerichtet, in dem die Sammlungen Hüttinger und Ludwig nun vereint waren. Es war ein Ort herzlicher Geselligkeit mit der dominanten Persönlichkeit des Hausherrn im Mittelpunkt, der sein profundes Wissen, welches er sich als Autodidakt angeeignet hatte, nur allzu gerne ausbreitete und mit Vorliebe die „Dottores" aufs Glatteis führte. Er war zudem ein begnadeter Anekdotenerzähler, und man ist verführt, sich erinnernd zu zitieren:

„Trafen sich zwei Kunsthändler in Wien,

sagte der eine..."

Über die Volkskunst hatte Ludwig offenbar einen seinem Wesen nahekommenden Zugang zur Kunst gefunden; zu einer Kunst, die nicht mit großen Namen beeindruckte, die vielmehr das genaue Auge erforderte. Ein Auge, das die gelungene Form auch im Einfachen erkennt, das am Außergewöhnlichen viel mehr interessiert ist als am Gängigen. So ergab sich bald wie beiläufig Ludwigs intensive Beschäftigung mit der gotischen Skulptur und den Skulpturen des 18. Jahrhunderts.

Es war das Menschenbild, das ihn an diesen Werken faszinierte, das Zusammenspiel von Spiritualität und einer sinnenhaften, mitunter dynamisch beschwingten Körperlichkeit, wie dies im bayerischen Rokoko so grandios ausgeprägt ist. Madonnen mit Kind waren es, die Ludwig beinahe ausschließlich in den Kernbestand seiner Sammlung aufnahm. Todes- und Leidensdarstellungen waren auf geradezu manische Weise ausgeschlossen. Eine Pietà findet sich in der Sammlung nicht.

Eine Art Lebenshilfe bedeutenden für Ludwig, der ungemein belesen war, seine bevorzugten Dichter, mit denen er gelegentlich mit eigenen (Spott-) Versen - mit spitzer Feder geschrieben, und von den Adressaten gefürchtet - in Konkurrenz trat. Seine drei „Großen" waren der altersweise Goethe, der das „Stirb und Werde" als Gesetz des Lebens begriffen und für ein Wissen, das allein den Büchern entstammt, nur Spott übrig hatte; Heinrich Heine, der romantische Ironiker, hinter dessen scheinbar glatten Versen sich die eigenen Gefühle so trefflich verbergen ließen; und auch der liberale, altbayerisch-kernige Ludwig Thoma, der stets genau das sagte, was er meinte. Durchweg waren es - wie Ludwig auch- liberale, unabhängige Geister, die mit Autoritäten nichts im Sinn hatten.

Das Altbayerische war Ludwigs geistige und kulturelle Heimat. Für ihn bedeutete dies Bodenständigkeit, Kunstsinn und Lebensfreude. Unbeirrbar war in seinen ästhetischen Urteilen. Dabei war die enorme Spannweite verblüffend, in der er sich mit seinen Interessen bewegte. Zwischenzeitlich hatte die Sammlung auch einen Schwerpunkt in der ostasiatischen Kunst, von der sich der Sammler jedoch wieder trennte.

Bis in seine letzten Tage war die Weiterentwicklung der Sammlung sein Lebenselexier. Dass er damit je an ein Ende hätte kommen können, lag wohl jenseits ernsthafter Erwägung.

Prof. Dr. Manfred Brauneck Hamburg, Dezember 2007

Pressekontakt: Beate Kocher-Benzing


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