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„Der Nebendarsteller“ von Carolin Thummes

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Carolin Thummes fotografiert Hydranten seit der Zeit ihres Studiums an der Hochschule für Fernsehen und Film in München in den späten 80er Jahren. Sie erklärt uns mit ihren Fotografien nichts über die Funktionsweise oder die technischen Besonderheiten dieser meist übersehenen Säulen, sondern berichtet von ihnen, als führen sie ein eigenes Leben, einen eigenen Alltag als Nebendarsteller der Siedlungsgebiete. Obwohl Thummes in der Regel mit bewegten Bildern, sprich Filmen umgeht, ist in dieser Serie jedes Bild nach klassischen Gestaltungsprinzipien der Fotografie angelegt. Sie selbst beschreibt ihre Fotos als spontan und direkt.

Carolin Thummes fotografiert Hydranten seit der Zeit ihres Studiums an der Hochschule für Fernsehen und Film in München in den späten 80er Jahren praktisch überall und ungeniert. Eine enorme Anzahl an Arbeiten sind seither entstanden, die Werkidee besitzt immer noch Gültigkeit und wird kontinuierlich fort- bzw. umgesetzt.

Handelt es sich bei ihrer Serie um ein Zeitdokument oder um die Geschichte eines bestimmten Ortes? Weder noch. Vielmehr liegt uns ein unerschöpfliches Porträtarchiv eines Wasserverteilersystems vor, das gleichzeitig als Archiv von Geschichten fungiert. Die Fotografin beschreibt ihr Tun selbst „...ich folge den Protagonisten des Alltags, tauche in ihre Welt ein, lasse mich fallen.“ Sie erklärt uns mit ihren Fotografien nichts über Funktionsweise und technische Besonderheiten dieser meist übersehenen Säulen, sondern berichtet von ihnen, als führten sie ein eigenes Leben, einen eigenen Alltag als Nebendarsteller der Siedlungsgebiete.

Obwohl Thummes in der Regel mit bewegten Bildern, sprich Filmen umgeht, ist in dieser Serie jedes Bild nach klassischen Gestaltungsprinzipien der Fotografie angelegt. Der Bildaufbau folgt den Regeln des goldenen Schnitts, was sich dadurch zeigt, dass Carolin Thummes den Hydranten meist exakt auf die Drittellinie setzt. Diese erhält man, indem man die Bildfläche vertikal oder horizontal in drei gleiche Teile teilt. Durch dieses einfache Mittel der Flächengliederung wird das Bild dynamisiert und mit erzählerischem Potential ausgestattet; zugleich wird dem Betrachter klargemacht, wer hier der Protagonist der Erzählung ist. Ein weiteres wichtiges Gestaltungsmittel in der Fotografie ist das Licht. Mit Hilfe des Lichts kann ein Künstler das Wichtige vom Unwichtigen trennen. Vergleicht man den Bildraum mit einem Bühnenraum, wird dies sofort verständlich: Die für die Aussage wichtigen Partien stehen im Licht, sind beleuchtet oder leuchten selbst. Die Perspektive der Fotografin, ihr bei der Aufnahme eingenommener Standpunkt, fungiert als weiteres Gestaltungsmittel. Thummes begibt sich in der Regel mit dem Protagonisten auf Augenhöhe — sie berichtet aus der Sicht des Hydranten. Dadurch weist sie dem unbelebten Gegenstand einen Aktionsraum zu. Sie bindet den Hydranten in ein Achsensystem ein, was ihn im Bildraum fixiert und ihn andererseits mit seiner Umgebung in Beziehung setzt. Der Nebendarsteller des Stadtraums wird formal und inhaltlich zum Dreh- und Angelpunkt der Bilderzählung.

Einige Fotografien widmen sich allein dem Gegenstand. In ihnen gibt es nichts anderes zu betrachten als den schlichten Hydranten. Meist wählt die Künstlerin dazu die Draufsicht. In der Regel verleiht die Vogelperspektive einem Gegenstand oder Menschen eine untergeordnete Rolle, da die erhöhte Position alles Dargestellte gleich-wertig in Erscheinung treten lässt. Thummes setzt die Draufsicht hier jedoch nicht zur Nivellierung ein, sondern als Moment der Hervorhebung. Sie konzentriert sich in diesen Aufnahmen auf Details, beispielsweise die obere Abdeckung, den Kopf des Hydranten. Die Umgebung wird auf ein Minimum reduziert, bzw. ganz ausgeblendet. Nur der Gegenstand zählt, ihm gebührt alle Aufmerksamkeit, seine Erscheinung steht im Fokus, gezeichnet von der Brutalität des urbanen Raumes, der Einwirkung der Jahreszeiten und Umwelteinflüsse. Stets bewahrt der Hydrant seine Würde; Roststellen, abgesplitterte Farbe, vergangener Glanz, kleine Blessuren betonen nicht die Vergänglichkeit, sondern tragen bei zu seinem Ruhm. Mit der Ästhetisierung der äußeren Erscheinungsform des Hydranten, die sich an der Porträtfotografie orientiert, werden seine formalen Eigenschaften als schön gewürdigt und somit innerlich anthropomorphisiert. Der Nebendarsteller wird in diesen Porträts zu einer tragik-komischen, des Leidens fähigen Figur, die auf seltsame Weise teilnimmt am sie umgebenden Geschehen.

Das eingangs beschriebene System der fotografischen Sprache lässt uns den Hydranten als Zentrum des Bildes wahrnehmen – auch wenn er - gemäß seiner Stellung als Nebendarsteller - am Bildrand positioniert ist. Formal betrachtet, steht er im Fokus der Aufmerksamkeit. Der Hydrant wird zum Akteur bei Aufmärschen, Demos und Marathons, zum Helfer bei Umzügen, zum Zeugen von Verkehrsdelikten, zum Träger von Informationen, usw. Jede Bewegung, ob durch schräge Linien oder Bewegung - Unschärfen - im Bild hervorgerufen, verankert den Hydranten an einer strategisch zentralen Stelle und entwickelt so die Handlung rund um ihn. Als menschenähnlicher Akteur nimmt er eine Schlüsselrolle im Bildgeschehen ein.


bilder, Ausstellung




  • 03.09.2015 - 03.10.2015
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