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„Lost in Time Like Tears in Rain“ – Neue Sammlungspräsentation ab sofort in der Fondation Beyeler

Die neue Sammlungsausstellung in der Fondation Beyeler begibt sich auf die Suche nach der verlorenen Zeit. Sie ist als Einladung zu einem lustvollen Spaziergang durch den Garten der modernen Kunstgeschichte konzipiert und endet in der Kunst der Gegenwart, wo sie in die Ausstellung von Rudolf Stingel überleitet, in dessen Kunst Erinnerungen und Zeitspuren gleichfalls eine zentrale Rolle spielen.

Die Besuchenden erwarten berühmte Meisterwerke, selten ausgestellte Raritäten, neu konzipierte Künstlerräume, das unerwartete Aufeinandertreffen von Kunstwerken, wertvolle Leihgaben aus der Daros Collection und privaten Sammlungen sowie Neuerwerbungen, die erstmals öffentlich präsentiert werden. Überraschende Inszenierungen fordern dabei die Sehgewohnheiten heraus. Die von Direktor Sam Keller kuratierte Sammlungsausstellung erstreckt sich über das halbe Museum und umfasst rund einhundert zwischen 1883/84 und 2018 entstandene Gemälde, Skulpturen, Fotografien und Zeichnungen – zu sehen ab sofort bis 2. September im Museumsbau von Renzo Piano und im umliegenden Park der Fondation Beyeler.

Zeitfragen
Welche Beziehungen bestehen zwischen der Zeit und der Kunst? Welche Spuren der Zeit werden in Kunstwerken sichtbar? Erzeugen sie ein anderes Zeitgefühl beim Betrachten? Wie ist das Verhältnis von Zeit und Raum? Ist Zeit durch Bewegung, Intensität oder Erinnerungen erlebbar? Kann die Kunst zeitlos sein? Vermag sie Zeit zu konservieren? Sind Kunstwerke Zeitzeugen, Zeitreisende oder gar Zeitmaschinen? Wodurch erleben wir Kunstwerke als zeitgenössisch? Haben auch Kunstwerke eine Lebenszeit? Gibt es eine Halbwertszeit für ihre Wirkung? Wie können Kunstwerke Erinnerungen wecken? Wie gemahnen Kunstwerke an die Vergänglichkeit der menschlichen Lebenszeit, und wie versuchen sie diese zu überwinden? Was sagt die Kunst unserer Zeit über unser Verhältnis zur Zeit aus? Diese und ähnliche Fragestellungen zu Aspekten des Zeitlichen haben die Auswahl und Zusammenstellung der Werke in der neuen Sammlungspräsentation bestimmt.

Eine neue Zeit
Mit bahnbrechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen wie Albert Einsteins Relativitätstheorie und der Atomphysik veränderte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Verständnis von und das Verhältnis zur Zeit. Der französische Philosoph Henri Bergson hatte dies zuvor schon in seiner Schrift Zeit und Freiheit (1889) reflektiert. Auch die modernen Künstler widmeten sich eingehend dem Themenkreis. Beispielsweise nahm Wassily Kandinsky in seinem einflussreichen Buch Über das Geistige in der Kunst, insbesondere in der Malerei (1911) darauf Bezug. Futurismus, Kubismus, Konstruktivismus, Dadaismus, Surrealismus und viele andere avantgardistische Kunstbewegungen erkundeten neue künstlerische Ausdrucksformen und Medien, welche die Beziehung von Mensch und Kunst zur Zeit neu definierten. In der modernen Kunst wurde die Zeit zu einem wesentlichen Faktor.

In allen Zeiten
Das Verhältnis von Mensch und Kunst zur Zeit beschäftigte schon die grossen Denker der Antike, wie das lateinische Sprichwort „Vita brevis, ars longa“ (Das Leben ist kurz, lang[lebig] die Kunst) zum Ausdruck bringt. Schöpfer dieses Aphorismus, so hat es der römische Philosoph Seneca überliefert, war der griechische Arzt Hippokrates. Goethe griff ihn später in seinem Faust wieder auf. In der Moderne ist die Beziehung von Kunst und Zeit zum allgegenwärtigen Thema der Weltliteratur avanciert.

Dunkle Geheimnisse im Kinderzimmer
In Dorian Gray hat der irische Schriftsteller Oscar Wilde eine legendäre Romanfigur geschaffen, deren Wunsch, sich die jugendliche Schönheit zu bewahren, in Erfüllung geht. An Dorians Stelle altert das Gemälde mit seinem Porträt, das er in seinem Kinderzimmer versteckt hält. Die Geschichte geht bekanntlich nicht gut aus. Was ist wohl aus Gerhard Richters jugendlichen Liebespaaren im Laufe der Zeit geworden? Wie sieht heute das abgewandte Gesicht von Georges Seurats Figur am Badestrand wohl aus? Was ist in Balthus’ Gemälde mit dem Kopf des alten Mannes geschehen, der in den Strassen von Paris auf dem Trottoirrand sitzt und den Kindern beim Spielen zusieht? Was bleibt vom wahren Andy im Selbstporträt von Warhol? Und wie erkennen wir uns in Richters Spiegelbildern?

Der Duft von Madeleines
Der französische Schriftsteller Marcel Proust hat in seinem berühmten Roman Auf der Suche der verlorenen Zeit geschrieben, dass das Kunstwerk das einzige Mittel sei, die verlorene Zeit wiederzufinden. Auslöser seiner unvermittelt an die Oberfläche dringenden Kindheitserinnerungen war der Duft von in Tee getunkten Madeleines. Gelingt Ähnliches auch den Äpfeln in Paul Cézannes Stillleben, Claude Monets Kathedrale im Morgenlicht, den Scherenschnitten von Henri Matisse, der Riesenspinne von Louise Bourgeois, Wolfgang Tillmans’ vergessener Kaffeetasse oder Tacita Deans mit Kreide auf Wandtafeln gemalten Wolkenbildern?

Verlorene Erinnerungen
In Ridley Scotts Filmklassiker Blade Runner spricht der von Rutger Hauer gespielte Replikant Roy sterbend die denkwürdigen letzen Worte: „I’ve seen things you people wouldn't believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I watched C-beams glitter in the dark near the Tannhäuser Gate. All those moments will be lost in time, like tears in rain.“

Der letzte Satz hat der neuen Sammlungsausstellung der Fondation Beyeler ihren Titel gegeben. Er findet gleichsam einen Widerhall in Alberto Giacomettis schreitendem Mann im Regen, in Roy Lichtensteins versteinertem Mädchen mit Träne, Max Ernsts explodierenden Schneeblumen, Felix Gonzales-Torres’ glitzerndem Perlenvorhang, Philippe Parrenos Weihnachtsbaum im Eisregen und in anderen faszinierenden Werken aus der Museumssammlung.






  • 10.07.2019
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    Öffnungszeiten der Fondation Beyeler: täglich 10.00–18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr
     



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    Fondation Beyeler