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Tuchintarsien

Tuchintarsien in Europa von 1500 bis heute

Tuchintarsien

Zum einen finden sich eindrucksvolle Objekte des ornamentalen Designs. Eine zweite Gruppe umfasst jene Objekte, deren Bildprogramm auf eine Nutzung in religiösen Zusammenhängen schließen lässt. Viele andere Tuchintarsienobjekte zeigen Bilder mit zeitgenössischen herrschaftlichen und königlichen Themen.

Andere Objekte wiederum weisen in ihrer Seite 3 von 4 Bildprogrammatik auf einen militärischen Ursprung bzw. eine gleichartige Nutzung hin und bilden deshalb inhaltliche Schnittmengen zu jenen Objekten, die die Themen Herrschaft und Repräsentation berühren.

Zu einer besonders eindrucksvollen Gruppe lassen sich die Objekte des 19. Jahrhunderts aus Großbritannien zusammenfassen, greifen sie doch in ihren Bildprogrammen zeitgenössische und gesellschaftspolitische Themen auf, die noch heute im historischen Bewusstsein der Engländer, Schotten, Walliser und Iren präsent sind.

Schon für die Frühe Neuzeit sind Tuchintarsien in Europa nachgewiesen. In den Sammlungen der historischen Museen in Schweden, Finnland, den Niederlanden und der Schweiz werden einige dieser frühen Stücke bewahrt.

Die Mehrzahl der Objekte kommt aus kirchlichem Besitz. Andere lassen Rückschlüsse auf den privaten festlichen Gebrauch zu. Die Tuchintarsien weisen in der Mehrzahl eine klare, zeitgenössisch typische ornamentale Struktur auf. Klar gegliedert in Bildfelder, in denen oft Fabeltiere, Blüten und Ranken dargestellt sind, weisen diese symmetrische Strukturen auf. Bei der Herstellung dieser Objekte greifen textile Technik und Bildgestaltung oft ineinander. Um außerordentlich sparsam mit dem Material umzugehen, wurde das jeweils aus dem andersfarbigen Grundstoff ausgeschnittene Motiv in das Feld gegensätzlicher Farbe eingesetzt. Dieser Austausch der verschiedenfarbigen Motive erzeugt eine kontrastreiche Bildgestaltung, und die gerade in den frühen Stücken häufig nachweisbare Nutzung von (vergoldeten) Lederstreifen zur Konturierung der Motive unterstreicht dies.

Die Produzenten sind meist nicht mehr eindeutig auszumachen. Vermutet wird jedoch, dass die Herstellung dieser diffizilen Arbeiten in Klöstern oder privat von Frauen erfolgte. Andere Objekte, deren Tuchteile ornamental zusammengesetzt sind, zeigen gut gestaltbare und zusammensetzbare Sterne, Dreiecke, Rhomben und andere geometrische Formen.

Vergleichbare Muster finden sich auch in den der militärischen Verwendung zugeordneten Stücken. Jene Objekte mit einer religiösen Bildprogrammatik stammen vor allem aus dem 17. und 18. Jahrhundert; sie weisen eine große Gestaltungsvielfalt auf. Ein der Sammlung: „Karlsruher Türkenbeute" zugehöriger Teppich lässt aufgrund seiner Ornamentik eine Herstellung in Asien vermuten. Der aus einer Privatsammlung bei Krakow stammende Teppich „Das Auge Gottes" zeigt sowohl eine intensive Ornamentik als auch eine religiöse Symbolik. Drei andere große Behänge, dem Schlesisch- Preußischen Territorium zuzuordnen, beziehen sich in ihrem Bildprogramm auf überlieferte Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, die über die sog. Bilderbibeln bereits verbreitet waren. Dabei ist es bemerkenswert, dass zu zwei Objekten mit religiöser Thematik Entstehungs- bzw. Nutzungsgeschichten überliefert sind.

Die größte Objektgruppe der Tuchintarsien zeigt Ornamente und Darstellungen aus dem zeitgenössischen Repertoire des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Dabei finden sich wiederholt militärische Symbole auf den Objekten. Nur einige Behänge konnten mit ihrer Bildprogrammatik bisher im Detail entschlüsselt werden. Zeitgenössische Grafiken lieferten hier nachweislich die Vorlagen.

Im 19. Jahrhundert scheint die Herstellung von Tuchintarsien in Mitteleuropa aus der Mode zu kommen. Zumindest sind nur noch wenige Stücke zeitlich hier einzuordnen. Nur Großbritannien und Irland bilden hier eine Ausnahme: die meisten der dort in den Museen und Sammlungen nachgewiesenen Objekte können ins 19. Jahrhundert datiert werden. Neben Parallelen zu den Stücken in Mitteleuropa präsentieren sie doch eine besondere Bilderwelt. Zu sehen ist ein Bildprogramm, das politische, gesellschaftskritische und kulturelle Ereignisse, Strömungen sowie Persönlichkeiten hervorhebt. Viele textile Bilder sind detailliert und akkurat gearbeitet. Das ermöglicht eine bessere Identifizierung von Personen und Ereignissen wie auch eine deutliche Zuordnung von grafischen Vorlagen.

Viele Tuchintarsienobjekte offenbaren sich dem Betrachter als Bildgeschichten, die in ihrer Farbigkeit, naiven Erzählfreude und textilen Fragilität eine besondere Faszination ausüben. Sie sind Ergebnis eines kenntnisreichen, kreativen Schaffens von Männern und Frauen - von Künstlern, die nachweisbar mehrere Jahre an diesen Stücken gearbeitet haben. Vor diesem Hintergrund entwickelte Ursel Arndt, eine der bekanntesten Berliner Textilkünstlerinnen, zusammen mit dem Museum Europäischer Kulturen ein Kunstprojekt, bei dem ein Tuchintarsienteppich des frühen 21. Jahrhunderts entsteht. Dieser Bildteppich mit dem Titel „Stückwerk Berlin-Stückwerk Europa", der die aktuelle Bilderwelt gesprayter Schablonenbilder zum Thema hat, wird die Ausstellungspräsentation vervollständigen.

Katalog

Ein ausführlicher Katalog in Deutsch und Englisch wird die Ausstellung, die anschließend in Wien/ Österreich, Wroc³aw/ Polen und Leeds/ Großbritannien gezeigt wird, begleiten.

Text: Dagmar Neuland-Kitzerow

E-Mail: d.neuland@smb.spk-berlin.de

Tel: 0049 - (0)30 - 266 42 6810

Fax: 0049 - (0)30 - 266 32 6804

Hinweis: Das Museum Europäischer Kulturen hat neue Telefonnummern erhalten!

Ausstellung vom 21. März 2009 bis 5. Juli 2009

Ort: Museen Dahlem, Sonderausstellungshalle

Besucher-Eingang: Lansstraße 8, 14195 Berlin-Dahlem


Ausstellung






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  • Altarbehang, Dalhem Kirche, Brigitten-Kloster Vadstena/Schweden(?), 15. Jh., © Staatliches Historisches Museum, Stockholm
    Altarbehang, Dalhem Kirche, Brigitten-Kloster Vadstena/Schweden(?), 15. Jh., © Staatliches Historisches Museum, Stockholm
    Staatliche Museen zu Berlin
  • Wandbehang, Wrexham/ Wales, 1842-1852,
Schneider: James Williams, St. Fagans: National
History Museum Cardiff/Wales, Grossbritannien,
© National History Museum Cardif
    Wandbehang, Wrexham/ Wales, 1842-1852, Schneider: James Williams, St. Fagans: National History Museum Cardiff/Wales, Grossbritannien, © National History Museum Cardif
    Staatliche Museen zu Berlin