• Menü
    Stay
Schnellsuche

Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl: Zentralfiguren der Wiener Moderne

Breitenwirkung als Komponist erreichte Berg erst 1925 mit der Uraufführung seiner Oper „Wozzeck“ nach Georg Büchners gesellschaftskritischem Drama „Woyzeck“. Trotz der klanglichen Neuheit des Werkes wurde die Uraufführung unter Erich Kleiber an der Berliner Staatsoper ein großer Erfolg. Die Oper ist Alma Mahler gewidmet, die den Druck des ausgestellten Klavierauszugs finanziert und Berg damit ermöglicht hatte, das Werk an verschiedenen Opernhäusern einzureichen. Plakate und originale Musikhandschriften gibt es aber nicht nur zu „Wozzeck“, sondern auch zu „Lulu“ zu sehen, Bergs zweiter Oper nach Frank Wedekind, die er allerdings nicht mehr vollenden konnte. Berg war dem Stoff durch die 1905 von Karl Kraus initiierte österreichische Erstaufführung von Wedekinds Drama „Die Büchse der Pandora“ begegnet. Im Musikraum der Ausstellung sind Auszüge aus „Wozzek“ und den Altenberg-Liedern zu hören, begleitet u. a. von Projektionen historischer Bühnenbilder der Oper.

Wie groß Bergs Interesse für Literatur zeitlebens war, zeigt aber nicht nur die Wahl literarisch hochkarätiger Texte bei seinen Vokalwerken, sondern auch seine persönliche Bekanntschaft mit Peter Altenberg und Karl Kraus. Eine langjährige Freundschaft verband Berg zudem mit dem Philosophen Theodor W. Adorno, der in seinen Wiener Jahren Kompositionsunterricht bei Berg genommen hatte; sein Arbeitsheft zu seinem späteren musikphilosophischen Klassiker „Berg. Der Meister des kleinsten Übergangs“ ist im Original ausgestellt.

Ludwig Wittgenstein
Ludwig Wittgenstein (1889–1951) ist einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Zugleich ist er auch – dank seiner bemerkenswerten Biographie, seiner charismatischen Persönlichkeit und nicht zuletzt seines familiären Umkreises – eine der faszinierendsten Figuren der österreichischen Geistesgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein geniales Frühwerk, den „Tractatus logico-philosophicus“, schrieb er während des Ersten Weltkriegs und vollendete es heuer vor 100 Jahren im August 1918. Wittgenstein unterrichtete in den folgenden Jahren an Volksschulen im südlichen Niederösterreich, entwarf anschließend gemeinsam mit dem Loos-Schüler Paul Engelmann im dritten Bezirk in Wien ein bemerkenswertes Haus für seine Schwester Margaret Stonborough-Wittgenstein und kehrte 1929 nach Cambridge zurück, um sich wieder mit philosophischen Fragen zu beschäftigen.

Da er außer dem berühmten „Tractatus“ zu Lebzeiten nichts publizierte, ist es sein rund 20.000 Seiten umfassender philosophischer Nachlass, der sein Gesamtwerk auf beeindruckende Weise dokumentiert. Die Österreichische Nationalbibliothek besitzt einen wichtigen Teil dieses Nachlasses, darunter die Urfassung der „Philosophischen Untersuchungen“ und zwei Originaltyposkripte des „Tractatus“. Dieser philosophische Nachlass wurde 2017 in die Weltdokumentenerbe-Liste der UNESCO aufgenommen, ausgewählte Werke daraus sind in der Ausstellung erstmals öffentlich zu sehen. Zudem geben umfangreiche Fotoalben einen tiefen Einblick in die legendäre Industriellenfamilie der Wittgensteins; darin etwa das Foto des dreijährigen Ludwig auf dem Schaukelpferd, ein Foto seiner Schwester Margarethe als Japanerin verkleidet (sie nannte sich erst nach ihrer Hochzeit mit dem New Yorker Fabrikanten Jerome Stonborough Margaret) oder eine Aufnahme, die Ludwig 1909 mit seinem Bruder Paul beim Studium von Noten zeigt: Der Pianist Paul Wittgenstein, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte, wurde in der Zwischenkriegszeit zu einem gefeierten Musiker, der u. a. bei Maurice Ravel, Sergej Prokofjew und Richard Strauss Klavierwerke für die linke Hand in Auftrag gab.

Berta Zuckerkandl
Berta Zuckerkandl (1864–1945) stand mit ihren berühmten Salons im Zentrum eines künstlerischen und gesellschaftlichen Netzwerkes, das weit über das Wien um 1900 hinausreichte. Sie war außerdem eine selbstbewusste Publizistin, die mit Verve, Streitlust und Pathos für eine neue Kunst eintrat, nicht zuletzt für das Werk Gustav Klimts, mit dem sie eng befreundet war. Die Ausstellung zeigt auch mehrere Originalzeichnungen Klimts, eine Leihgabe der Erbengemeinschaft nach Gerta Loew, die 1902 selbst von Klimt gemalt worden ist.

Die Tochter eines der einflussreichsten Journalisten der Habsburger Monarchie am Ende des 19. Jahrhunderts wuchs in einem liberalen, jüdisch-intellektuellen Milieu auf. Moriz Szeps – in der Ausstellung etwa durch eine Karikatur in der Satire-Zeitschrift „Die Bombe“ vertreten – engagierte sich für eine Intensivierung der kulturellen und politischen Beziehungen zwischen Österreich und Frankreich, was auch für Tochter Berta zur lebenslangen Mission wurde. Nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie 1918 setzte sie mehr denn je auf die Strahlkraft der „Wiener Moderne“ – diese sollte weiter und tiefer reichen als die politische Wirklichkeit „Deutsch-Österreichs“. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich floh Berta Zuckerkandl 1938 nach Paris. Im letzten Moment gelang ihr die Flucht nach Nordafrika; nach ihrer Rückkehr starb sie 1945 in Paris.






  • 22.03.2018 - 17.02.2019
    Ausstellung »

    22. März 2018 bis 17. Februar 2019 im Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek (Grillparzerhaus, Johannesgasse 6, 1010 Wien).



Neue Kunst Ausstellungen
Was ist Wiener
„Wir haben unsere erste Ausstellung bewusst in sieben...
Christian Gonzenbach
Eigens für die Dominikanerkirche entwickelt der Schweizer...
Carte blanche de Léo
Présentation du projet pour le printemps du dessinExposition...
Meistgelesen in Ausstellungen
Im Schein von Rauch und Flamme
Tirol meets Kalifornien: Florian Raditsch hinterfragt die...
Buddha 108 Begegnungen
Nur wenige Gestalten haben eine dem Gautama Buddha...
Europäische Avantgarde –
Marc Chagall, Wassily Kandinsky, Auguste Renoir, Alexej von...
  • Plakat zur Ausstellung – © Österreichische Nationalbibliothek
    Plakat zur Ausstellung – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Ludwig Wittgenstein, Foto: Moritz Nähr, 1930 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Ludwig Wittgenstein, Foto: Moritz Nähr, 1930 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Alban Berg, Foto: Atelier d’Ora-Benda, 1924 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Alban Berg, Foto: Atelier d’Ora-Benda, 1924 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Ludwig Wittgenstein auf dem Schaukelpferd, Foto: Carl Pietzner, um 1892 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Ludwig Wittgenstein auf dem Schaukelpferd, Foto: Carl Pietzner, um 1892 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek
  • Berta Zuckerkandl, Foto: Atelier d’Ora, 1908 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Berta Zuckerkandl, Foto: Atelier d’Ora, 1908 – © Österreichische Nationalbibliothek
    Österreichischen Nationalbibliothek